Der weltgrößte Onlinehändler Amazon steht seit Langem wegen Steuervermeidung in der Kritik, jetzt spricht sich ausgerechnet Konzernchef Jeff Bezos für höhere Abgaben aus. "Wir unterstützen eine Anhebung des Unternehmenssteuersatzes", erklärte Bezos in einer im Firmenblog von Amazon veröffentlichten Stellungnahme.
Der Multimilliardär ermutigte Kongress und Regierung zu einer "richtigen, ausgewogenen Lösung, die die Wettbewerbsfähigkeit der USA aufrechterhält oder erweitert". Die Aussagen von Bezos erfolgen vor dem Hintergrund eines billionenschweren Infrastruktur-Investitionsprogramms, das US-Präsident Joe Biden plant, und das zum Teil durch stärkere Unternehmensbesteuerung finanziert werden soll.
Die Debatte um höhere Abgaben an den Fiskus war am Montag durch US-Finanzministerin Janet Yellen weiter angefacht worden, die einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen forderte. Der Vorschlag dürfte auch bei der Videokonferenz der G20-Finanzminister ein Thema sein.
Dass Bezos oder Amazon sich öffentlich zu politisch brisanten Themen äußern, ist eigentlich ungewöhnlich. Allerdings steht der Konzern unter Druck und kann positive PR derzeit gut gebrauchen. US-Präsident Biden hatte Amazon jüngst bei einer Rede als eines der Unternehmen gerügt, die gesetzliche Schlupflöcher nutzen, um Steuerzahlungen zu vermeiden.
Debatte um Arbeitsbedingungen des Konzerns
Außerdem ließ eine Abstimmung in Alabama, durch die erstmals eine US-Gewerkschaft Einzug bei Amazon erhalten könnte, die Debatte um die Arbeitsbedingungen des Konzerns wieder hochkochen. "Ich bin stolz auf die Arbeiter bei Amazon, die aufstehen und sagen: 'Es reicht'", sagte der örtliche Vorsitzende der Einzelhandelsgewerkschaft Retail, Wholesale and Department Store Union (RWDSU, Joshua Brewer. Die RWDSU würde die Angestellten am Amazon-Standort Bessemer vertreten, falls diese dafür stimmen sollten, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
Die Abstimmung in Bessemer hatte Anfang Februar begonnen. Die Initiative der Gewerkschaft löste eine landesweite Debatte über die Arbeitsbedingungen bei dem Versandhändler mit seinen 800.000 Angestellten in den USA aus. "Amazons größte Befürchtung ist schon eingetreten: 3000 Mitarbeiter haben gesagt, dass sie unter den Bedingungen nicht arbeiten können", sagte der Gewerkschaftsvertreter Brewer. Die "systematischen Probleme" in den Amazon-Warenlagern seien offen zutage getreten.
Amazon ist in den USA der zweitgrößte Arbeitgeber. Der Konzern profitierte von dem Bestellboom während der Corona-Pandemie und verdoppelte seinen Nettogewinn im vergangenen Jahr nahezu auf 21 Milliarden Dollar. Das Unternehmen stellte Zehntausende neue Mitarbeiter ein, um die Nachfrage zu bedienen.
Das Unternehmen steht jedoch immer wieder wegen seiner Arbeitsbedingungen in der Kritik. Auch in Deutschland gibt es deswegen immer wieder Streiks und Forderungen nach einem Tarifvertrag. Erst Ende April hatte die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten in sechs Amazon-Verteilzentren zu einem viertägigen Streik aufgerufen.
Quelle: ntv.de, jki/dpa
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