Nawalny "sieht schlecht aus"

  08 April 2021    Gelesen: 606
Nawalny "sieht schlecht aus"

Nach Angaben seiner Anwälte geht es Alexej Nawalny immer schlechter. Die Berichte beunruhigen Washington und Berlin, beide fordern erneut die sofortige Freilassung. Derweil gibt es immerhin auch erfreuliche Nachrichten für die Familie des Kremlkritikers.

Der Gesundheitszustand des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hat sich nach Angaben seiner Anwälte weiter verschlechtert. Der Oppositionelle klagt demnach über Taubheit in den Händen. "Er sieht schlecht aus, er fühlt sich nicht gut", sagte seine Anwältin Olga Michailowa.

Die US-Regierung zeigte sich "beunruhigt" angesichts der Berichte über Nawalnys Zustand. Nawalny, der sich seit einer Woche aus Protest gegen seine Haftbedingungen in einem Hungerstreik befindet, wiege derzeit etwa 80 Kilogramm, erklärte seine Anwältin. Bei seiner Ankunft in der Strafkolonie habe der 189 Zentimeter große Kreml-Kritiker noch 93 Kilogramm gewogen.

Mitglieder aus Nawalnys Anwaltsteam, die ihn in der Strafkolonie Pokrow rund hundert Kilometer östlich von Moskau besuchten, sagten derweil, er verweigere weiterhin die Nahrungsaufnahme. Nach Angaben von Nawalnys Anwalt Wadim Kobsew verliert der 44-Jährige etwa ein Kilogramm pro Tag. Das Weiße Haus äußerte sich am Mittwoch "besorgt" über den verschlechterten Zustand des Oppositionellen. Washington betrachte die Inhaftierung Nawalnys als "politisch motiviert und als eine große Ungerechtigkeit", sagte die Sprecherin von Präsident Joe Biden, Jen Psaki.

Auch das Auswärtige Amt machte sich für die Freilassung des Kremlkritikers stark. "Herr Nawalny ist jetzt widerrechtlich und im Widerspruch zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in einem Straflager inhaftiert", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin. "Unsere Erwartung ist ganz klar, dass Herr Nawalny freizulassen ist." Ähnlich wie das Weiße Haus bezeichnete er Berichte über den schlechten Gesundheitszustand des 44-Jährigen als "beunruhigend".

Nach dem Besuch seiner Anwälte erklärte Nawalny auf Instagram, dass die Gefängnisbeamten Süßigkeiten in seine Taschen steckten und Hähnchen in seiner Nähe brieten, um sich über ihn lustig zu machen. Ihm werde weiterhin der Zugang zu einem Arzt verwehrt. Nawalny leidet nach eigenen Angaben bereits seit Tagen unter Schmerzen, starkem Husten und Fieber.

Laut seiner Anwältin Michailowa hat das Gefängnis nur einen Pfleger und keinen Arzt. Seine Anhänger befürchten, dass ihm nach der Vergiftung im August 2020 weiteres Leid zugefügt wird und fordern seine Verlegung in ein Krankenhaus. Nawalny beschuldigt die Gefängnisverwaltung, ihm die medizinische Versorgung zu verweigern und ihn mit Schlafentzug zu "foltern". Nach Angaben Kreml-naher Medien war er am Montag infolge seines verschlechterten Gesundheitszustandes auf eine Krankenstation verlegt worden. Pokrow gilt als eines der härtesten Straflager Russlands.

Völlig überraschend hat ein Gericht in Moskau überraschend seinen Bruder, Oleg Nawalny, nach zwei Monaten Hausarrest wieder auf freien Fuß gesetzt. Der 37-Jährige, die prominente Juristin Ljubow Sobol und zwei weitere Mitarbeiter des Oppositionellen hatten vor der Berufungsinstanz Erfolg, wie ein Anwalt aus dem Saal des Stadtgerichts mitteilte.

Ursprünglich hätten sie nach Straßenprotesten am 23. Januar wegen eines angeblichen Verstoßes gegen Hygieneauflagen in der Corona-Pandemie noch bis Ende Juni im Arrest sitzen müssen. Die Strafen waren als völlig überzogen kritisiert worden. Umstritten war das Vorgehen der Justiz auch deshalb, weil etwa Kremlchef Wladimir Putin nie eine Maske trägt, wenn er mit Menschen zusammentrifft.

Alexej Nawalny, der als der größte innenpolitische Widersacher von Putin gilt, war im August in Russland Opfer eines Giftanschlags geworden, für den er den russischen Geheimdienst und den Kreml verantwortlich macht. Er wurde nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charité behandelt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Moskau im Januar wurde Nawalny dann festgenommen. Im Februar wurde er in einem international kritisierten Verfahren wegen angeblicher Verstöße gegen seine Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Haft in einem Straflager verurteilt.

n-tv


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