Was an russischem Militär bleibt, wird auf dem seit Sowjetzeiten von den Russen genutzten Marinestützpunkt Tartus und auf dem Flugfeld von Latakia konzentriert und für alle Fälle in Bereitschaft gehalten.
Der starke Mann von Damaskus, Baschar al-Assad, wurde, wenn man russischen Medien folgt, knapp informiert, mehr Befehlsempfänger als Verbündeter. Das unmittelbare Ziel der russischen Intervention wurde insoweit erreicht, als das alawitische Kernland, wo das Assad-Regime zu Hause ist, gesichert erscheint. Die weiteren Gründe des Schachzugs sind nicht schwer zu erraten.
Trauma Afghanistan
Kriegführen kostet Geld, viel Geld, das infolge der weltweiten Ölbaisse immer knapper wird. Die Waffenshow hat stattgefunden und potenziellen Kunden gezeigt, was russische Militärtechnologie leisten kann. Das "Novorossija"-Projekt im Osten der Ukraine ist reduziert, aber keineswegs annulliert: Es könnte, wenn Syrien erst einmal vorbei ist, wiederbelebt werden. Doch die russischen Militärs könnten den Kreml-Chef auch an Afghanistan erinnert haben, an trauernde Mütter, demütigende Niederlagen, schmerzhafte Verluste und die Dynamik, welche die Amerikaner "mission creep" nennen – eine Verselbstständigung des Krieges.
Es ist klug, ein Wagnis abzubrechen, solange man noch Herr des Verfahrens ist. Das verbessert die Lage für das Endspiel zwischen Washington und Moskau, zwischen Damaskus und Teheran, zwischen Riad und Damaskus. Ob der Rückzug schon zum Endspiel gehört, entscheidet sich indessen nicht allein an grünen Tischen, sondern auch auf blutigem Terrain.
Was weiter geschieht, etwa als Antwort auf Putins Schachzug, ist kaum berechenbar. Zu viele Faktoren sind im Spiel. Die Opposition erscheint keineswegs besiegt, der IS hat noch Manövrierfeld.
Die Weltmachtpolitik hat allerdings Vorrang. Es ist kein Zufall, dass die Genfer Verhandlungen über Syrien dieser Tage erneuert werden. Die USA bleiben Moskaus großer Gegenspieler, wenn sie denn wollen. Der Kreml-Chef hat den Amerikanern unterdessen bewiesen, dass gegen Russland im Nahen Osten nicht viel auszurichten ist. Wie US-Präsident Ronald Reagan zu sagen pflegte: Zum Tangotanzen braucht es zwei.
Quelle : welt.de
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