Forscher infizieren Genesene mit Sars-CoV-2

  19 April 2021    Gelesen: 1897
  Forscher infizieren Genesene mit Sars-CoV-2

Seit März infizieren britische Forsche gezielt Freiwillige, um die Folgen einer Corona-Ansteckung zu untersuchen. Nun wollen sie auch junge Menschen, die bereits eine Infektion überstanden haben, erneut anstecken. Die freiwilligen Testkaninchen erhalten dafür viel Geld, gehen aber auch ins Risiko.

Um die Reaktion des Immunsystems zu erforschen, wollen britische Wissenschaftler junge Menschen mit überstandener Corona-Infektion dem Virus gezielt erneut aussetzen. Ziel ist herauszufinden, welche Virusmenge für eine erneute Infektion erforderlich ist, wie das Immunsystem reagiert und was dies für die Entwicklung einer Immunität gegen den Erreger bedeutet. Bereits seit März läuft in London eine ähnliche Studie, bei der Freiwillige dem Virus gezielt ausgesetzt werden.

Die Analysen sollen nach Regierungsangaben dazu beitragen, die Entwicklung von Corona-Impfstoffen und -Medikamenten zu verbessern und zu beschleunigen. Die neue sogenannte Human-Challenge-Studie soll noch in diesem Monat beginnen. Die Teilnehmer werden in einer "sicheren und überwachten Umgebung" dem Virus ausgesetzt und von einem Expertenteam begleitet. Gesucht werden 64 junge, gesunde Menschen zwischen 18 und 30 Jahren, die schon einmal mit Sars-CoV-2 infiziert waren, wie die gemeinnützige Stiftung Wellcome Trust und die Universität Oxford mitteilen.

Probanden erhalten 5770 Euro

Für den Versuch sollen sich die Probanden demnach für mindestens 17 Tage in Quarantäne begeben. Laut Mitteilung werden die freiwilligen Teilnehmer mit dem originalen Virusstamm aus dem chinesischen Wuhan infiziert und anschließend ein Jahr lang medizinisch begleitet. Als Aufwandsentschädigung erhalten die Probanden je knapp 5000 Pfund, umgerechnet rund 5770 Euro.

Den Angaben zufolge wollen die Wissenschaftler in der ersten Versuchsphase herausfinden, welche Virusmenge für eine erneute Infektion mit dem Coronavirus notwendig ist. In einer zweiten Phase soll neuen Probanden diese Dosis verabreicht werden, um ihre Immunreaktion studieren zu können.

Human-Challenge-Studien seien eine wichtige Hilfe für Wissenschaftler, sagte die Impfexpertin Helen McShane von der Universität Oxford. Die erneute Infektion lasse Rückschlüsse darauf zu, wie das Immunsystem auf die erste Corona-Infektion reagiere und wie es zur erneuten Ansteckung kommt. Dies könne etwa bei der Einschätzung helfen, wie gut Menschen nach überstandener Sars-CoV-2-Infektion gegen eine erneute Ansteckung geschützt sind.

Langzeitschäden? Nicht ausgeschlossen

Kritiker weisen darauf hin, dass sich bei Covid-19 Langzeitschäden selbst bei jungen, gesunden Menschen nicht ausschließen lassen. Menschen würden mit dieser Art von Studien vorsätzlich in Gefahr gebracht.

In Deutschland sind Human-Challenge-Studien sehr selten und nahezu undenkbar. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) lehnt sie als unethisch ab. Zudem gibt es medizinische Vorbehalte: "Challenge-Studien zeigen vielleicht ein verfälschtes Bild, da Erkenntnisse, die nur mit jungen, gesunden Menschen gewonnen wurden, möglicherweise nicht auf Ältere und chronisch Kranke übertragbar sind", betont der Verband. Künstlich herbeigeführte Ansteckungen entsprächen nicht den echten Infektionen im Alltag.

Quelle: ntv.de, chr/dpa


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