Gene Haas ist in den USA ein erfolgreicher Industrieller. Haas Automation produziert in ganz großem Rahmen computergesteuerte Fertigungsmaschinen. Auch im Motorsport hat er schon einige Erfahrung. In der amerikanischen Nascar-Serie ist er seit 2002 mit einem eigenen Team unterwegs.
Die Formel-1-Idee hat ihm allerdings ein Europäer eingepflanzt. Guenther Steiner. Der war schon technischer Direktor bei Jaguar und Red Bull, hat eine eigene Firma für Carbonteile, mit der er vor allem den amerikanischen Rennsportmarkt beliefert. Daher der Kontakt zwischen Haas und Steiner. Und seit 2010, seit die Fia immer wieder neue Teams für die Formel 1 sucht, bohrte Steiner, brachte Ideen, neue Vorschläge und die beiden entwickelten immer wieder neue Geschäftsmodelle.
Um nicht, wie die letzten Neueinsteiger, Hispania, Caterham und letzlich auch Marussia, schnell finanziell zu scheitern, baut man bei Haas auf ein ganz eigenes Konzept: Nur so viel wie absolut nötig selbst konstruieren, den Rest bei einem großen Partner einkaufen. Der heißt Ferrari und liefert nicht nur den kompletten Antriebsstrang, sondern auch das Getriebe, die Aufhängungen, Radträger, Hydraulik, Lenkung, Elektronik - und sogar den Sitz. Selbstkonstruiert sind, wie vom Reglement vorgeschrieben, das Chassis und alle Aerodynamikteile.
Aber selbst bei der Herstellung des Fahrgestells baut man auf Fremdhilfe, greift auf die Erfahrung von Dallara in Italien zurück. Zumindest hat man es dann bis zum Aerodynamik-Testgelände nicht weit, da benutzt Haas den Ferrari-Windkanal. Sämtliche Metallteile werden am offiziellen Firmensitz in den USA produziert, nur zusammengesetzt wird das Ganze dann in Banbury in England, dem eigentlichen Standort des Rennstalls.
Bei den Testfahrten in Barcelona schien das Konzept zunächst überraschend gut zu funktionieren, in der zweiten Woche wurde das neue Team dann allerdings doch von einer ganzen Portion Kinderkrankheiten eingeholt. Die beiden Fahrer Romain Grosjean und Estaban Gutierrez konnten nur relativ wenige Runden drehen. Was Guenther Steiner nicht wirklich verwunderte: "Das ist einerseits logisch. Was mich freut, ist, dass wir auf die Probleme doch immer gut reagieren, sie verstehen und am Ende lösen konnten."
Abhängigkeit von den großen Herstellern wächst
Von der Konkurrenz wird Haas ganz genau beobachtet. Denn das Konzept der Amerikaner ist ein ganz heißes Politikum. Sind derartige Modelle - ein kleiner Rennstall als B-Team eines großen Herstellers - die Zukunft der Formel 1? Mercedes baut zusammen mit Manor etwas ähnliches auf. Das Modell kann eine Win-Win-Situation sein: Die Kleinen kommen so relativ kostengünstig zu konkurrenzfähigem Material. Und die Großen haben eine zusätzliche Möglichkeit, bei den Kunden erst einmal gewisse Dinge auszutesten, an zusätzliche Windkanaldaten zu kommen, da die Windkanalnutzungszeiten pro Team durch die Fia eigentlich beschränkt sind.
Die unabhängigen, kleinen Teams, die sich trotz aller Schwierigkeiten bisher in der Formel 1 alleine durchgeschlagen haben und darauf auch stolz sind, wie Force India oder Sauber, stehen dem Modell sehr kritisch gegenüber. Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn sieht die Gefahr, dass wirklich unabhängige Teams so auf Dauer überhaupt keine Überlebenschance mehr hätten. Was im Klartext hieße: Eine komplett von den großen Herstellern abhängige Formel 1.
Für die Haas-Truppe selbst ist das allerdings im Moment nicht das große Thema. Für Haas, Steiner, Grosjean, Gutierrez und Co. ist es erst einmal das Wichtigste, in Melbourne zu zeigen, dass man in der Lage ist, auf Anhieb einen wirklich Formel-1-würdigen Auftritt hinzulegen. "Irgendwo im hinteren Mittelfeld" ordnet Steiner seine Mannschaft ein. "Und wenn wir ein zuverlässiges Auto haben, können wir vielleicht eine Überraschung schaffen. Ich denke, wir sind so gut vorbereitet, wie es nur möglich ist."
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