Johnson umgarnt die Schotten

  09 Mai 2021    Gelesen: 1859
Johnson umgarnt die Schotten

In Schottland fahren die Kräfte für eine Unabhängigkeit einen fulminanten Wahlsieg ein. Der britische Premier greift sofort zur Feder und schreibt der schottischen Regierungschefin einen Werbebrief für die "breiten Schultern" des Vereinigten Königreichs. In London setzt sich Amtsinhaber Khan durch.

Nach dem Wahlsieg der Unabhängigkeitsbefürworter bei der Parlamentswahl in Schottland hat der britische Premier Boris Johnson für die Union der verschiedenen Landesteile des Vereinigten Königreichs geworben. "Es ist meine leidenschaftliche Überzeugung, dass den Interessen der Menschen im Vereinigten Königreich und besonders der Menschen in Schottland am besten geholfen ist, wenn wir zusammen arbeiten", schrieb Johnson in einem am Abend veröffentlichten Brief an die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. Der Nutzen dieser Kooperation habe sich besonders in der Corona-Pandemie gezeigt. "Das ist Team Vereinigtes Königreich in Aktion", betonte Johnson.

Sturgeons Schottische Nationalpartei (SNP) hatte die Parlamentswahl am Donnerstag deutlich gewonnen. Zusammen mit den Grünen, die ebenfalls für die Unabhängigkeit eintreten, kam die Partei auf eine klare Mehrheit im Parlament. Sturgeon will ein unabhängiges Schottland nach dem Brexit zurück in die EU führen. Sie forderte Johnson auf, ein neues Unabhängigkeitsreferendum zuzulassen. Ohne Zustimmung aus London ist eine Volksabstimmung nach Ansicht der meisten Experten nicht rechtens.

Johnson schrieb in dem Brief, vor dem Land lägen große Herausforderungen. Die "breiten Schultern" des Vereinigten Königreichs hätten Arbeitsplätze und Unternehmen während der Corona-Krise geschützt. Die wirtschaftliche Erholung sei aber eine gemeinsame Aufgabe. Johnson lud Sturgeon zu einem Treffen mit seiner Regierung und den Spitzen der anderen Landesteile Wales und Nordirland ein, um zu diskutieren, wie gemeinsame Herausforderungen bewältigt werden könnten. Einen ähnlichen Brief schickte Johnson an den walisischen Regierungschef Mark Drakeford, der die Parlamentswahl in dem Landesteil ebenfalls deutlich gewonnen hatte. In Wales hatte die regierende Labour-Partei klar gewonnen, eine absolute Mehrheit aber knapp verpasst.

Khan gewinnt London für Labour

Bei den Regionalwahlen in England ist der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden. Nach den am Abend veröffentlichten Ergebnissen behielt der 50-Jährige Labour-Politiker die Oberhand gegenüber seinem konservativen Herausforderer Shaun Bailey. Khan erhielt demnach gut 1,2 Millionen Stimmen, während Bailey knapp 980.000 auf sich vereinte. Die Wahlbeteiligung war mit 42 Prozent niedriger als bei früheren Urnengängen.

Khan, ein Sohn pakistanischer Zuwanderer, war 2016 als erster muslimischer Politiker zum Bürgermeister einer westlichen Hauptstadt gewählt worden. Er hatte damals das Amt vom heutigen Premierminister Johnson übernommen. Nach der Bekanntgabe seines Wahlsieges sagte der 50-Jährige, er wolle sich in seiner zweiten Amtszeit darauf konzentrieren, Brücken zwischen den verschiedenen Gemeinschaften Londons zu bauen sowie zwischen dem Londoner Rathaus und der britischen Regierung. Während des Wahlkampfes hatte Khan vor allem neue Arbeitsplätze versprochen und erklärt, er werde dafür sorgen, dass London trotz Brexit und Pandemie seinen Spitzenplatz in der Welt behalte.

Khan hatte sich gegen den Austritt Großbritanniens aus der EU ausgesprochen und sich in seiner ersten Amtszeit sowohl mit Johnson als auch dem früheren US-Präsidenten Donald Trump angelegt. Er wird immer wieder auch als möglicher Labour-Kandidat für das Amt des britischen Regierungschefs gehandelt.

Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa


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