Russland hat sich "schockiert" über die Reaktion des Westens auf die Festnahme eines Exil-Oppositionellen in Belarus gezeigt. "Es ist schockierend, dass der Westen den Vorgang im belarussischen Luftraum als 'schockierend' einstuft", schrieb die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf Facebook. Auch westliche Staaten hätten in der Vergangenheit "Entführungen, erzwungene Landungen und illegale Festnahmen" begangen.
Belarus hatte am Sonntag einen Ryanair-Flieger auf dem Weg von Athen nach Vilnius unter dem Vorwand einer Bombendrohung und mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen. Dort wurden der in Polen lebende Oppositionelle Roman Protassewitsch und seine aus Russland stammende Freundin festgenommen.
Außenamtssprecherin Sacharowa schrieb bei Facebook, der Westen solle sich nicht so aufregen. 2013 sei auf Geheiß der USA auch in Österreich das Flugzeug des damaligen bolivianischen Präsidenten zur Landung gezwungen worden. Das Internet sei voll von Beispielen über gewaltsame Entführungen, erzwungene Landungen und illegale Festnahmen, "die sich die Hüter der Ordnung und Moral" im Westen geleistet hätten, meinte sie.
Gysi kritisiert "Luftpiraterie"
Von dem Vorfall aus dem Jahr 2013 schrieb auch der Linken-Außenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi bei Twitter. "Erinnert sei aber auch daran, wie die USA das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 zur Landung in Wien zwangen, weil Washington fälschlicherweise hoffte, dort den Whistleblower Edward Snowden zu finden und festnehmen zu lassen." Dazu schrieb der Linken-Politiker: "Wer gestern selbst das Völkerrecht gebrochen hat, kann heute nicht glaubhaft einen anderen anklagen, der ebenfalls das Völkerrecht bricht." Das gelte ebenso "für das Kosovo und die Krim". In einer Reihe von Tweets kritisierte Gysi jedoch auch das Vorgehen von Belarus. Die erzwungene Umleitung des Ryanair-Fluges und die Festnahme des belarussischen Regierungskritikers Protassewitsch bezeichnete er als einen "Akt staatlicher Luftpiraterie".
Russland fordert unterdessen eine internationale Untersuchung der erzwungenen Landung in seinem Nachbarland. "Es gibt internationale Luftfahrtvorschriften, und es sind die internationalen Luftfahrtbehörden, die hier die Einhaltung oder Nichteinhaltung dieser internationalen Standards bewerten sollten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Er könne da nichts vorwegnehmen. Peskow mahnte zugleich eine "nüchterne Bewertung" des Vorfalls an. Die einen forderten Sanktionen, die anderen erklärten, es sei alles in Übereinstimmung mit den internationalen Regeln verlaufen. "Wir möchten uns nicht an diesem Rennen beteiligen, jemanden zu verurteilen oder etwas zu unterstützen", meinte Peskow. Russland ist der engste Verbündete von Belarus.
Protassewitsch wird vorgeworfen, Massenproteste ausgelöst zu haben, worauf in Belarus bis zu 15 Jahre Haft stehen. Er ist Mitbegründer des oppositionellen Telegram-Nachrichtenkanals Nexta. Über Nexta waren nach der von massiven Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl in Belarus im vergangenen August Hunderttausende Demonstranten mobilisiert worden.
Quelle: ntv.de, mbe/AFP/dpa/rts
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