Kai Havertz hat den Taktik-Giganten Thomas Tuchel in der Drachenhöhle von Porto ans Ziel aller Träume geführt. Im aufregenden englischen Finale schoss der teuerste deutsche Fußballer den FC Chelsea mit seinem ersten Champions-League-Tor zum 1:0 (1:0)-Triumph über die Wahnsinnself von Manchester City und Pep Guardiola, der es trotz hunderter Millionen Euro Investitionen auch im fünften City-Jahr nicht auf den Thron schaffte.
Auch İlkay Gündoğan ging leer aus - Tuchel und Havertz hingegen feierten an der Seite von Timo Werner und Antonio Rüdiger einen spektakulären Außenseitersieg, den zweiten der Blues nach dem fürchterlichen K.o.-Schlag für Bayern München im Endspiel 2012. Der 80-Millionen-Mann Havertz umspielte in der 43. Minute City-Torhüter Ederson und schob lässig ein. Tuchel, im Vorjahr noch Finalverlierer mit Paris St. Germain, flippte beinahe aus vor Freude.
Für den 47-Jährigen ist das Henkelpott-Ungetüm der Heilige Gral. "Zweimal nacheinander im Endspiel zu stehen, ist sensationell", schwärmte er vor dem Anpfiff. Vor sechs Jahren hatte er mit Guardiola an einem legendären Abend in einer Münchner Edel-Weinbar mit Salz- und Pfefferstreuern Partien des FC Barcelona nachgespielt - nun forderte er den Katalanen auf der größten Bühne heraus. In der laufenden Saison hatte er seinen Konkurrenten bereits zweimal matt gesetzt.
Werner lässt Chancen liegen
Guardiola, zweimal Sieger der Königsklasse mit Barca, schleuderte Tuchel fast alles an Offensivspielern vor die Füße, was er zu bieten hatte. Seine Aufstellung war atemberaubend: mit Riyad Mahrez und Raheem Sterling in vorderster Front, dem genialischen Eröffner Kevin De Bruyne dahinter, Phil Foden und Bernardo Silva auf den Flügeln und dem zuletzt so torgefährlichen Metronom Gündoğan im Zentrum. Unter ging dabei ein wenig, das ManCity mit seiner Milliarden-Elf eigentlich gar nicht hätte antreten sollen. Die UEFA hatte die Citizens wegen schwerer Verstöße gegen das Financial Fair Play für zwei Jahre gesperrt, was der Internationale Sportgerichtshof CAS jedoch aufhob.
Tuchel setzte dem englischen Meister nach einer gewöhnungsbedürftigen Eröffnungsshow ein lauf- und kampfstarkes Mittelfeld entgegen, das seine Stärken im Umschalten hat. Hinten warteten der bärenstarke Rüdiger, der nach 40 Minuten ausgewechselte Thiago Silva und Cesar Azpilicueta: Der guardiolatypische Erstickungsfußball sollte nicht zur Entfaltung kommen.
City hatte mehr (häufig arg fruchtlosen) Ballbesitz - dennoch bekam einer die ersten Großchancen, der zuletzt schwer unter Ladehemmung litt: Werner trat nach Vorarbeit des auffällig starken Havertz in bester Position über den Ball (10.), es wäre ein Traumstart für Chelsea gewesen. Drei Minuten später schob der Nationalstürmer Ederson aus sieben Metern den Ball in die Arme. Havertz, in dieser Saison zunächst an Corona erkrankt und dann von Verletzungen geplagt, rotierte ab und an in die Spitze. Tuchel peitschte die 6000 Chelsea-Fans unter den 14.110 Zuschauerinnen und Zuschauern auf: Das Spiel blieb elektrisierend, von höchster Klasse.
Havertz bleibt cool vor Ederson
Schaffte es City mal zur Grundlinie, rauschte von der Seite stets noch ein Abwehrspieler in dunkelblau heran. Auf der Gegenseite spitzelte Havertz nach phänomenalem Steilpass von Mason Mount den Ball an Ederson vorbei, der die Hände zurückziehen musste, um eine Rote Karte zu vermeiden. Guardiola schien sich verzockt zu haben, doch noch wechselte er nicht. Die Minuten verrannen, ohne dass die dominanten Citizens allzu gefährlich waren, Kapitän De Bruyne musste nach einem Block von Rüdiger angeschlagen mit einem blauen Auge und unter Tränen vom Feld. Bei Chelsea, das am Ende belagert wurde, ging Werner torlos. Azpilicueta schlug den Ball vor Gündoğan von der Linie (69.).
Havertz, Werner und Rüdiger werden Gündoğan sehr schnell wiedersehen: im EM-Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft in Seefeld/Tirol. Ob das Quartett allerdings von dort ohne zweiwöchige Quarantäne auch nach Deutschland zum ersten Gruppenspiel in München reisen darf, ist offen.
Quelle: ntv.de, dbe/sid
Tags: