NSA soll Merkel mit dänischer Hilfe bespitzelt haben

  31 Mai 2021    Gelesen: 426
NSA soll Merkel mit dänischer Hilfe bespitzelt haben

Den Vorwurf gibt es seit Edward Snowdens Enthüllungen, nun erhärtet sich der Verdacht: Medienberichten zufolge hat der US-Geheimdienst NSA in der EU politisches Spitzenpersonal wie Kanzlerin Merkel belauscht. Offenbar half Dänemark dabei kräftig mit.

Der dänische Geheimdienst hat Medienberichten zufolge dem US-amerikanischen Geheimdienst NSA dabei geholfen, europäische Spitzenpolitiker abzuhören. Gezielt belauscht worden seien unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, berichtet der Dänische Rundfunk (DR) unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Der DR recherchierte den Fall zusammen mit europäischen Medien, darunter NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" (SZ).

Laut den gemeinsamen Recherchen der Sender und Zeitungen hat der dänische Auslands- und Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) der NSA zwischen 2012 und 2014 die Nutzung der geheimen Abhörstation Sandagergård in der Nähe von Kopenhagen ermöglicht. Demnach konnte der US-Geheimdienst dort einen wichtigen Internetknotenpunkt verschiedener Unterseekabel anzapfen. Dem DR zufolge hatte die NSA Zugriff auf SMS, Telefonanrufe und Internetaktivitäten, darunter Recherchen, Chats und Messengerdienste. Der DR erklärte, seine Informationen stammten von neun Quellen, die Zugang zu geheimen Informationen des FE hatten. Die Recherchen seien zudem von mehreren unabhängigen Quellen bestätigt worden.

Die Abhöraktion habe sich gegen führende Politikerinnen und Politiker aus Deutschland, Schweden, Norwegen, den Niederlanden und Frankreich gerichtet. Den Recherchen zufolge wurde die Kooperation der NSA und des dänischen Geheimdienstes bei der Überwachung europäischer Nachbarländer 2015 in einem internen Bericht des FE dokumentiert. Die dänische Verteidigungsministerin Trine Bramsen, die seit Juni 2019 im Amt ist, wurde laut DR im August 2020 darüber informiert. Sie sagte dem Sender, "das systematische Abhören von engen Verbündeten" sei inakzeptabel.

Bundesregierung und Steinmeier überrascht

Die Bundesregierung hatte dem Bericht zufolge von der Bespitzelung führender Regierungsmitglieder aus Dänemark keine Ahnung. "Der Gegenstand Ihrer Recherche ist der Bundeskanzlerin durch Ihre Anfrage bekannt geworden", sagte ein Regierungssprecher. Bundespräsident Steinmeier erklärte ebenfalls, er habe von den Abhöraktionen aus Dänemark bislang nichts gewusst.

Auch Ex-Bundesfinanzminister Steinbrück sagte dem Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ, er habe erst durch die Berichte von der Abhöraktion gegen ihn erfahren. "Politisch halte ich das für einen Skandal." Zwar glaube er, dass auch westliche Staaten funktionsfähige und tüchtige Nachrichtendienste benötigten. Doch zeige diese Art des Abhörens unter Partnern, "dass sie doch ein ziemliches Eigenleben führen".

Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hatte 2013 tausende streng geheime Dokumente über die Überwachungspraktiken der US-Nachrichtendienste veröffentlicht. Die Enthüllungen lösten weltweit Empörung aus. Merkel reagierte mit dem Satz "Abhören unter Freunden - das geht gar nicht" auf Berichte, wonach die NSA auch ihr Handy angezapft haben soll. Die Ermittlungen dazu stellte die Bundesanwaltschaft allerdings 2015 ein. Die NSA und der dänische Geheimdienst haben sich zu dem jüngsten Bericht noch nicht geäußert.

Quelle: ntv.de, cri/AFP/rts


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