Der Mann, der Merkels Politik als “epochalen Fehler“ bezeichnet

  28 März 2016    Gelesen: 1610
Der Mann, der Merkels Politik als “epochalen Fehler“ bezeichnet
Angela Merkels Politik sei falsch, die Integration junger Muslime gescheitert. Antwerpens Bürgermeister Bart De Wever entfacht nun eine Diskussion über radikalisierte muslimische Bürger. Wer ist der Mann?
Bart de Wever ist selten verlegen um starke Worte. Nach den jüngsten Selbstmordattentaten in Belgiens Hauptstadt Brüssel sagte der Chef der separatistischen Partei Neu-Flämische Allianz (N-VA), immerhin stärkste politische Kraft Belgiens, es habe große Versäumnisse bei der Integration muslimischer Jugendlicher in seinem Land gegeben.

De Wever gilt als einer der einflussreichsten Politiker Belgiens. Er ist Bürgermeister von Antwepen. Seine national-konservative Partei ist aus den letzten Parlamentswahlen als stärkste Kraft hervorgegangen und ist an der föderalen Regierung beteiligt. Unter anderem stellt die N-VA Innenminister Jan Jambon. Der machte nach den Attentaten von Paris mit dem Spruch von sich reden: "Jetzt wird in Molenbeek aufgeräumt." Nach den Anschlägen in Brüssel vom vergangenen Dienstag muss sich jedoch nun auch er die Frage nach Versäumnissen bei der Terrorbekämpfung gefallen lassen. Ein Rücktrittsgesuch hatte Premierminister Charles Michel am Donnerstag abgelehnt.

Immer wieder hatte die Spur bei Attentaten in Europa zuletzt nach Belgien geführt, beispielsweise in den Brüsseler Problemstadtteil Molenbeek. Auch in Belgien selbst gibt es seit den Anschlägen von Brüssel am vergangenen Dienstag eine Debatte über die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden. So konnte sich der im Zuge der Paris-Attentate vom 13. November gesuchte Salah Abdeslam offenbar vier Monate ungestört in der Stadt aufhalten. Er wohnte früher in Molenbeek und wurde dort am Freitag vor einer Woche festgenommen. Der Stadtteil ist geprägt von einer hohen Jugendarbeitslosigkeit, viele Jugendliche halten sich mit Kleinkriminalität über Wasser, oft sind sie ein leichtes Rekrutierungsziel für Islamisten.

Im Gespräch mit dem SPIEGEL, das vor den Anschlägen von Brüssel geführt, aber danach autorisiert wurde, kritisierte De Wever den ineffizienten Staatsapparat Belgiens. Er sei "langsam, kompliziert, nicht effizient. Politiker in Belgien arbeiten oft wie Handwerker in alten Häusern: Es wird ohne Blaupause vor sich hingewerkelt."

In Antwerpen versucht De Wever, mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund für den Job des Polizisten zu gewinnen. Derzeit stammen nur zwei Prozent der 2500 Polizisten aus Einwandererfamilien. "Wir waren nicht in der Lage, ihnen eine flämische Version des amerikanischen Traums anzubieten", sagte De Wever dem SPIEGEL. "Das ist unser Problem."

Ursprünglich hatte sich De Wevers Partei die Aufspaltung Belgiens in einen flämischen und einen wallonischen Teil auf die Fahnen geschrieben, diese Forderung zuletzt allerdings deutlich leiser vorgetragen. Eine Lösung wäre auch, Kompetenzen, die über den Nationalstaat hinausreichen, an die EU zu übertragen, den Rest aber in den Regionen zu bündeln, so De Wever. In ihrer derzeitigen Verfassung sei die EU allerdings kein attraktives Modell. "Europa entwickelt sich leider zu einem großen Belgien, anstatt Belgien zu einem kleinen Europa."

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