Volkswagen kommt in der Abgas-Krise nicht voran und muss doch die Weichen für die Neuaufstellung des Konzerns stellen. Die Behörden in Deutschland, den USA und Südkorea sind nicht zufrieden mit den Vorschlägen zur Umrüstung der von den Abgas-Manipulationen betroffenen Diesel. Der Zeitplan für die Beseitigung der Mängel an Millionen Fahrzeugen droht zu kippen, die Unsicherheit wächst und Kunden sind verärgert. Derweil wird im Aufsichtsrat die künftige Aufstellung der Kernmarke diskutiert. Im Gespräch ist ein Beirat, der Weichenstellungen begleitet.
Die südkoreanischen Behörden weiten laut Medienberichten ihre Ermittlungen gegen den Autokonzern aus. Jetzt sollen auch aktuelle Modelle auf die Einhaltung von Abgas-Vorschriften hin überprüft werden, wie die nationale Nachrichtenagentur Yonhap am Sonntag unter Berufung auf das Büro der Staatsanwaltschaft in Seoul berichtete.
Getestet werden soll demnach unter Aufsicht des Umweltministeriums der aktuelle Motor EA 288 mit 1,6 Liter Hubraum. Der Antrieb mit der Schadstoffklasse Euro 6 ist im VW Golf sowie in den Audi-Modellen A1 und A3 verbaut. Für den Vorgänger-Motor EA 189 mit der Euronorm 5 hatte Volkswagen den Einbau einer illegalen Software eingeräumt, durch die Abgaswerte geschönt werden. Südkorea wirft dem Konzern vor, bislang nur mangelhafte Rückrufpläne für mehr als 125 000 Diesel eingereicht zu haben.
Auch die großangelegte Umrüstung in Deutschland liegt auf Eis, weil das Kraftfahrt-Bundesamt noch Prüfbedarf hat. Um den betroffenen Autos eine neue Software aufspielen zu können, ist eine Freigabe des KBA nötig. Dem Vernehmen nach sind höhere Kraftstoff-Verbrauchswerte ein möglicher Grund für die Verzögerungen. In den USA steht eine Einigung mit den Umweltbehörden noch aus. Dazu hat ein Gericht VW noch Zeit bis zum 21. April gegeben.
Zu Ostern wurden Pläne bekannt, wonach einflussreiche Kontrolleure im VW-Aufsichtsrat den Umbau bei Volkswagen-Pkw mit einem neuen Strategie-Gremium vorantreiben wollen. Die Kernmarke um Golf und Passat soll nach dpa-Informationen einen Beirat erhalten, der strategische Weichenstellungen bei Zukunftsfragen wie Elektromobilität und Digitalisierung begleitet. Aber auch heiße Eisen wie Stellenabbau oder Arbeitsschwerpunkte einzelner Fabriken könnten in dem Gremium debattiert werden, bevor sie zur finalen Abstimmung im 20-köpfigen Aufsichtsrat des VW-Konzerns landen.
Anders als die Schwestermarken Audi und Porsche hat VW-Pkw keinen eigenen Aufsichtsrat. Den könnte es auch nicht geben, weil Marke und Konzern formal nicht genug getrennt sind. Zunächst müsste also der juristische Rahmen des Beirates geklärt werden: Was darf er? Was soll er leisten, und mit wie vielen Mitgliedern? Das Unternehmen wollte sich zu Details nicht äußern. Aus Konzernkreisen hieß es, spruchreif sei noch nichts.
Die Pkw-Kernmarke mit Modellen vom Kleinstwagen Up bis zum Dickschiff Phaeton steht für fast die Hälfte vom Absatz und Umsatz des gesamten Konzerns. Sie kämpft seit Jahren mit Renditeschwächen. Schon Ex-Chef Martin Winterkorn hatte einen Milliardensparkurs verordnet.
Verärgerte Kunden in Deutschland will VW offenbar mit Rabatten milde stimmen. Wie eine Erhebung des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen ergab, ist derzeit etwa ein dreitüriger Golf mit 28 Prozent Rabatt auf den Listenpreis zu haben. Hintergrund sei eine Treue-Prämie von bis zu 2000 Euro, die beim Eintausch eines VW-Gebrauchtwagens und gleichzeitigem Neukauf eines VW-Modells gewährt werde. Das Programm laufe zunächst bis Ende April.
«VW versucht mit dem Programm Kundenverärgerungen entgegenzusteuern. Nur kein Einbruch bei den Neuzulassungen scheint die Devise», sagte Institutsdirektor Ferdinand Dudenhöffer. In den VW-Rabatten sieht er auch eine Reaktion auf den Unmut deutscher Kunden wegen der Wiedergutmachungsaktion in den USA, die es hierzulande nicht gab. Kurz nach Bekanntwerden des Dieselskandals hatte VW den US-Kunden 1000 Dollar über Kartenguthaben und Gutscheine gewährt.
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