“Das wirkt nicht besonders professionell“

  01 April 2016    Gelesen: 596
“Das wirkt nicht besonders professionell“
Es gibt konkrete Drohungen für IS-Anschläge in Deutschland. Stellen die Aufnahmen, die am Mittwoch aufgetaucht sind, eine neue Qualität dar?
Armin Schuster: Nein. Wir sind besonders sensibel. Latent gab es auch in der Vergangenheit schon eine Gefährdung und entsprechende Aufrufe. Bevor die Behörden nicht die Authentizität der Drohungen bestätigen, habe ich Zweifel. Dieser Aufruf für jedermann klingt etwas verzweifelt. Die Attentate in Paris und Brüssel sind sicherlich nicht so naiv begangen worden, wie diese Drohungen suggerieren. Das Problem ist: Bei der aktuellen Terrorlage lässt sich die Bevölkerung leichter aus der Ruhe bringen. Da hilft es manchmal schon, entsprechende Propaganda zu machen, um für Unruhe zu sorgen. Das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ), das BKA und die Dienste prüfen das. Dort hat man die Möglichkeit, das mit vielen anderen Aufrufen zu vergleichen.

Sie zweifeln also an der Echtheit der Bilder?

Das Ganze wirkt zumindest nicht besonders professionell. Anschläge sind logistisch nicht mehr so aufwändig wie bei 9/11. Die Terroristen gehen anders vor, sie haben weniger Aufwand, benötigen weniger Ressourcen, sind schneller und spontaner. Das heißt aber nicht, dass solche Anschläge nicht einer professionellen Vorbereitung bedürfen. Die Anschläge in Paris und Brüssel sind nicht durch solche Jedermann-Aufrufe entstanden, nach dem Motto: Versucht`s doch einfach mal.

Vor und nach den Anschlägen in Brüssel sind den belgischen Ermittlern eine Reihe von Ermittlungsfehlern unterlaufen. Ist Deutschland besser gerüstet gegen die Terrorgefahr?

Ja, ich will aber nicht zu selbstverliebt klingen. Wir haben mit dem NSU auch unsere Erfahrungen gemacht mit mangelnder Vernetzung und Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Deshalb weiß ich, wie es ist, wenn 20 Behörden munter arbeiten, aber nicht ausreichend kooperieren. Daraus haben wir jedoch - das ist unser Vorteil – gelernt. Wir haben die entsprechenden Handlungsempfehlungen konsequent umgesetzt. Nach den Anschlägen vom 11. September haben wir etwa das GTAZ aufgebaut. Auch deshalb fühle ich mich in Deutschland etwas sicherer als in Belgien.

Wie kontrollieren die Sicherheitsbehörden die etwa 450 Gefährder in Deutschland vor dem Hintergrund einer solchen Terrorbedrohung?

Wenn es in Brüssel solche Anschläge gibt, machen BKA und die Landeskriminalämter nicht business as usual. Ein Fußballer würde sagen: Wir spielen Pressing und stehen den Leuten auf den Füßen. Wenn so etwas wie in Belgien geschieht, schauen wir bei uns genau an, was sich in der islamistischen Szene tut und was die Gefährder machen. Nach solchen Anschlägen wird auf besondere Sensibilität umgeschaltet. Das ist Routine. Leider bedient sich der IS aber auch Tätern aus dem kriminellen Milieu, die im Zusammenhang mit Terror nie bekannt waren. Das hätte Al-Kaida nie akzeptiert und das macht es für die Ermittler nicht einfacher.

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