Die europäische Schwerindustrie kapituliert vor der Gaspreisexplosion. Nur einen Tag, nachdem eine Zinkhütte in den Niederlanden eine Zwangspause angekündigt hat, gibt eine Aluminiumschmelze in der Slowakei einen Produktionsstopp bekannt. Das Werk, das sich mehrheitlich im Besitz von Norsk Hydro befindet, will die Arbeit bis September ruhen lassen. Das berichtet die "Financial Times" (FT).
Slovalco hat eine jährliche Produktionskapazität von 175.000 Tonnen Aluminium. Das Schmelzen von Erz zur Metallherstellung gehört zu den energieintensivsten industriellen Prozessen. Wegen des Ukraine-Konflikts und gedrosselten Lieferungen aus Russland kostet Gas mittlerweile im Schnitt 13 Mal so viel wie in den vergangenen zehn Jahren. "Die Schließung der Anlage spiegelt die zunehmende Belastung der europäischen Hütten angesichts höherer Energiekosten," kommentierten Analysten von JP Morgan die Zwangspause.
Den Leiter der Primärproduktion von Norsk Hydro, Ola Sæter, zitiert die FT mit den Worten: Slovalco sei ein "gut geführtes und modernes" Werk. Die Slowakei habe es jedoch versäumt, die CO2-Emissionen der energieintensiven Industrie im Rahmen des EU-Systems zu kompensieren, was bedeutet, dass das Werk "erhebliche finanzielle Verluste" erleiden würde, sollte der Betrieb über dieses Jahr hinaus fortgesetzt werden.
Nur einen Tag zuvor hatte bereits eine Zinkhütte in den Niederlanden wegen der steigenden Kosten für Energie einen Produktionsstopp bekannt gegeben. Die zur belgischen Nyrstar gehörende Budel-Hütte ist eine der größten Schmelzen Europas. Sie soll ab dem 1. September "bis auf Weiteres" in einen Wartungs- und Instandhaltungszustand versetzt werden, wie die Finanzagentur Bloomberg unter Berrufung auf das Unternehmen schreibt. Der Zinkpreis schoss nach der Nachricht über sieben Prozent in die Höhe.
Der führende Zinkproduzent Glencore hatte bereits Anfang August vor den Folgen der Energiekrise für Europa gewarnt. Die Versorgung mit Grundmetallen gerät durch die Gaskrise immer mehr unter Druck. Nach einer Umfrage des Verbandes Aluminium Deutschland können neun von zehn Aluminiumhütten nicht auf einen anderen Energieträger als Gas ausweichen. Bereits ab einer Verringerung der Gaszufuhr von bis zu 30 Prozent würde bei der Hälfte der Betriebe die Produktion stillstehen.
Die Hütten erwirtschaften kaum noch Gewinne, viele haben ihre Produktion gedrosselt und arbeiten damit unter ihren Kapazitäten. Die Lagerbestände von Zink, Aluminium und Kupfer sind deshalb geschrumpft - auch wenn die Nachfrage wegen Rezessionsängsten gesunken ist.
Hinzu kommen interne Probleme. So muss Norsk Hydro sein Werk im norwegischen Sundal - Europas größte Aluminiumschmelze - wegen eines Streiks herunterfahren. Das Werk in Sundal wird vier Wochen lang 20 Prozent weniger produzieren. Hilfe aus China in der angespannten Versorgungsklage ist nicht zu erwarten. Dort haben die Behörden die Hütten wegen einer Hitzewelle runtergefahren, zugunsten der Energieversorgung der Privathaushalte.
Quelle: ntv.de, ddi
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