Der tiefe Fall des Hoffnungsträgers Poroschenko

  05 April 2016    Gelesen: 669
Der tiefe Fall des Hoffnungsträgers Poroschenko
Eine Briefkastenfirma bringt den ukrainischen Präsidenten Poroschenko in Erklärungsnot. Plötzlich scheint der Saubermann seinem Rivalen Putin viel ähnlicher zu sein, als ihm lieb ist.
Es ist eine besonders bittere Ironie, dass das Bild des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in fast allen Zeitungsartikeln zu den Enthüllungen über die Panama Papers neben dem Foto des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sehen ist. In dem riesigen Datensatz, der der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt und von einem Journalistenkonsortium analysiert wurde, finden sich auch Beweise dafür, dass Poroschenko Kunde der Kanzlei Mossack Fonseca war. Im August 2014 ließ er eine Firma auf den Britischen Jungferninseln für sich gründen. Sein Name und seine Adresse sind bei den Dokumenten enthalten, auch seine Passkopie liegt bei. Ein brisantes Detail: Die Gründung der Firma fand ausgerechnet auf einem Höhepunkt des Krieges im Donbass statt, als ukrainische Soldaten in der Stadt Ilowajsk umzingelt wurden. In der Vermögenserklärung der Jahre 2014 und 2015 erwähnte Poroschenko seine Firma nicht.

Für die Ukraine ist das Bekanntwerden der dubiosen Aktivitäten Poroschenkos eine große Enttäuschung. Während niemand im Fall des russischen Präsidenten ernsthaft mit einer Aufklärung und Ermittlung rechnet, wurde Poroschenko nach seiner Wahl als Hoffnungsträger gesehen, der seinem Land helfen sollte, mit der korrupten postsowjetischen Vergangenheit zu brechen. Um das Vertrauen seines eigenen Volkes und der Weltöffentlichkeit nicht zu verlieren, müsste er selbst natürlich hundertprozentig sauber handeln und sich an die Regeln halten, so die Erwartungen.

Die öffentlichen Reaktionen fielen in Russland und der Ukraine unterschiedlich aus. Während die russischen Fernsehsender die Enthüllung einfach komplett ignorierten und sich selbst damit sogar die Chance genommen haben, über Poroschenko zu lästern, wurde die Enthüllung in der Ukraine zum größten medialen Thema des Tages. Oleg Ljaschko, der Vorsitzende der populistischen Radikalen Partei, erklärte bereits, dass er die Frage nach einem Misstrauensvotum gegen Poroschenko im Parlament aufwerfen will. Dies dürfte eine leere Drohung sein, denn in der Ukraine gibt es im Moment kein Gesetz über ein Misstrauensvotum. Doch schon jetzt hat der Skandal erheblichen politischen Schaden für den ukrainischen Präsidenten angerichtet. Zumal ihm in der letzten Zeit oft vorgeworfen worden war, nicht entschlossen genug gegen die Korruption vorzugehen.

Poroschenko selbst äußerte sich zu den Vorwürfen bei Twitter. "Seit ich Präsident geworden bin, nehme ich an der Verwaltung meines Vermögens nicht mehr teil. Die Verantwortung habe ich an Beratungs- und Anwaltsfirmen delegiert", schrieb er. "Ich glaube, ich dürfte der erste hochrangige Beamte in der Ukraine sein, der die Frage mit der Vermögenserklärung, Steuern und Interessenkonflikten ernst nimmt." Die Anwälte des Präsidenten erklärten Journalisten den Zweck der Gründung der Firma Prime Asset Partners auf den Britischen Jungferninseln. Das sei nötig gewesen, um den Verkauf seiner Firma Roshen oder deren Übergabe an einen Treuhänder vorzubereiten. Die Steuern seien trotzdem in der Ukraine bezahlt worden. Die Aktien der Firma hätten keinen Wert, deshalb habe der Präsident sie auch nicht in der Einkommens- und Vermögenserklärung erwähnen müssen.

Verdächtige Firmen und ein Jet

Tatsächlich finden sich in den Panama-Papieren keine Beweise dafür, dass über die Firma Gelder – wie im Fall von Putins Cellisten Sergej Roldugin – geflossen wären. Allerdings wird der Wert der Aktien mit 1000 Dollar angegeben. Die Experten der Antikorruptionsorganisation Transparency International wiesen deshalb darauf hin, dass damit ein Gesetzesverstoß vorliege, denn diese Informationen hätte Poroschenko veröffentlichen müssen. Die ukrainische Staatsanwaltschaft erklärte aber bereits, dass man noch keinen Tatbestand sehe.

Noch heikler ist ein anderer Fall, der vom "Guardian" berichtet wurde. Die Zeitung fand in den Dokumenten Hinweise darauf, dass Intraco Management, eine weitere Firma auf den Britischen Jungferninseln, in Verbindung zu Poroschenko steht. Die Firma wurde 2002 gegründet, und ukrainische Medien berichteten bereits letztes Jahr, dass der Abgeordnete Igor Kononenko, der auch als graue Eminenz der ukrainischen Politik bezeichnet wird, Verbindungen zu dieser Firma habe. Über die Firma sei sowohl Geld an Kononenkos Tochter Daria geflossen als auch Poroschenkos Privatjet bezahlt worden. Außerdem soll sie Geschäfte mit dem russischen Gaskonzern Gazprom gemacht haben. Allerdings sind die Beweise aus den Panama-Papieren in diesem Fall nicht hundertprozentig handfest. Der Besitzer der Firma bleibt wieder im Schatten.

Der Skandal erinnert die Öffentlichkeit auch an ein anderes Versprechen von Poroschenko, an das er sich nicht gehalten hat. Nach seiner Wahl erklärte er, seinen Süßwarenkonzern Roshen verkaufen zu wollen. Bis jetzt hat er das nicht getan. Nun heißt es, Roshen werde in einen sogenannten Blind Trust überführt. Das Verkaufsversprechen war selbstverständlich nicht juristisch bindend – aus politischer Sicht bleibt es ein gebrochenes Versprechen.

Quelle : welt.de

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