Institut sieht Deutschland in der Stagflation

  27 März 2023    Gelesen: 743
  Institut sieht Deutschland in der Stagflation

Das Krisenjahr 2022 hat Deutschland besser überstanden als befürchtet. Doch jetzt steht das Land vor einer Zeit der Stagnation, prognostiziert das Institut der Deutschen Wirtschaft. Besonders problematisch ist, dass die Inflation noch länger hoch bleiben dürfte.

Deutschland steht laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) "vor einer neuen Zeit der Stagflation". Für das laufende Jahr rechnet das arbeitgebernahe Institut damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lediglich um rund 0,25 Prozent wachsen wird. "Die Wirtschaft hat die Krise besser bewältigt, als wir es im vergangenen Jahr hätten hoffen können", sagt IW-Konjunkturchef Michael Grömling. "Die große Erholung bleibt 2023 dennoch aus. Wir stehen vor einer neuen Zeit der Stagflation."

Stagflation wird eine Situation genannt, in der die Wirtschaft nicht oder kaum wächst, also stagniert, während die Preise stark steigen, die Inflation also zu hoch ist. Das bringt die Wirtschaftspolitik in eine Zwickmühle. Denn Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln, wie niedrige Zinsen oder staatliche Konjunkturpakete heizen tendenziell die Inflation weiter an. Umgekehrt bremsen etwa Zinserhöhungen als Mittel zur Bekämpfung der Inflation das bereits niedrige Wirtschaftswachstum und könnten eine Rezession auslösen.

Unsicherheit, Inflation und hohe Energiekosten belasten laut IW den Aufschwung. Nach dem ersten Schock habe sich Deutschland 2022 an die Folgen des Ukraine-Kriegs zwar angepasst. Doch die Folgen - hohe Preise, gestiegenes Zinsniveau, geopolitische Unsicherheit und jetzt auch Finanzmarktprobleme - bildeten eine neue Normalität. Sie trübten das Investitionsklima und setzten den Wirtschaftsstandort Deutschland unter Druck.

Die gewaltigen Schwankungen der Energiepreise aus dem vergangenen Sommer seien zwar abgeebbt, allerdings lägen die Preise immer noch um ein Mehrfaches über denen der Vorkrisenzeit. Das treibe die Inflation an. "Zweistellige Inflationsraten wie 2022 dürften sich nicht wiederholen, die Niedriginflationsphase ist allerdings auch Geschichte", erklärte das IW. Für 2023 rechnet das Institut mit einer Inflation von 6 Prozent. Damit sei auch eine Rückkehr zu einer Politik des günstigen Gelds unwahrscheinlicher. Gestiegene Finanzierungskosten verteuerten deshalb Investitionen noch mehr.

Investitionsstau schädigt die Wirtschaft

Die Bauwirtschaft bekommt nach der neuen Konjunkturprognose des IW mehrere Probleme zu spüren: Die Finanzierungskosten stiegen, Material sei knapp, entsprechend wenig bauten die Deutschen. Für 2023 prognostizierte das IW das dritte Rezessionsjahr in Folge für die Branche. Die Bauinvestitionen gäben um 3 Prozent nach, beim Wohnungsbau gehe man sogar von einem Rückgang von rund 3,5 Prozent aus. Die Industrie belasteten noch immer anhaltend hohe Energiepreise, dazu kämen über alle Branchen hinweg Lieferkettenprobleme. Für 2023 erwartete das IW deshalb nur einen leichten Aufschwung bei der Industrieproduktion. Für den privaten Konsum sagten die Ökonomen einen Rückgang der Konsumausgaben um rund 0,5 Prozent in diesem Jahr voraus.

Schon aus den Corona-Jahren hätten die deutschen Unternehmen einen gewaltigen Investitionsstau mitgenommen. Energiepreise, Inflation und Unsicherheit dürften ihn weiter verlängern. "Wenn Investitionen zu lange ausbleiben, droht eine strukturelle Schädigung der ganzen Volkswirtschaft", sagte Grömling. "Steuerlast, Energiekosten und Fachkräftemangel sind schon heute Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft. Wir müssen zusehen, dass nicht noch weitere dazukommen." Die Politik müsse jetzt dringend die Investitionsbedingungen verbessern.

Quelle: ntv.de, mbo/DJ


Tags:


Newsticker