Erdogan-Sieg schickt Lira auf Rekordtief

  29 Mai 2023    Gelesen: 884
  Erdogan-Sieg schickt Lira auf Rekordtief

Die türkische Lira ist so wenig wert wie noch nie zuvor: Den Wahlsieg des türkischen Präsidenten Erdogan verbinden viele Experten mit der Sorge, dass das Land die Inflation nicht in den Griff bekommt. An der Istanbuler Börse stiegen allem Pessimismus zum Trotz die Kurse.

Der Sieg von Recep Tayyip Erdogan bei der türkischen Präsidentenwahl versetzt der Landeswährung einen erneuten Schlag. Im Gegenzug stieg der Dollar am Montag um 0,6 Prozent und war mit 20,06 Lira so teuer wie nie. "Der Sieg von Erdogan ist kein Trost für ausländische Investoren", sagte Hasnain Malik, Manager beim Analysehaus Tellimer. "Nur die größten Optimisten würden hoffen, dass er sich nun politisch sicher genug fühlt, um zu einer orthodoxen Wirtschaftspolitik zurückzukehren."

Die Türkei steckt in einer Krise und kämpft mit hoher Inflation, die im vergangenen Jahr zeitweise bei mehr als 85 Prozent lag. Als ein Grund dafür gilt, dass die Zentralbank den Leitzins nicht gemäß der ökonomischen Lehre angehoben, sondern auf Erdogans Wunsch gesenkt hat. Die türkische Lira, die angesichts von Erdogans Wirtschafts- und Währungspolitik bereits deutlich an Wert verloren hat, ist seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar um mehr als sechs Prozent abgebröckelt. In den vergangenen fünf Jahren ist sie um rund 80 Prozent abgestürzt.

Dessen ungeachtet reagierten die Anleger an der Istanbuler Börse die Gewissheit über die künfige Regierung mit steigenden Kursen begrüßt. Der Leitindex BIST 30 stieg um 4,4 Prozent auf 5269,87 Punkte - und damit auf das höchste Niveau seit den Tagen vor der ersten Wahlrunde. Mitte Mai hatte die ausstehende Stichwahl dem Leitindex zunächst noch Verluste beschert. Börsianer hatten auf Ungewissheiten in puncto Geld- und Wirtschaftspolitik verwiesen.

Am Markt hieß es, Anleger dürften nun aufmerksam beobachten, ob Erdogan endlich Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation ergreift. Von vielen Seiten werde eine konventionellere Wirtschafts- und Geldpolitik als notwendig angesehen, sagte ein Händler. Erdogans Politik gilt als unorthodox, da er auf den massiven Anstieg der Inflation nur mit mäßigen Zinsanhebungen reagierte. "Die Furcht vor einem Festhalten an der bisherigen Wirtschaftspolitik ist groß", sagte Finanzmarktexperte Thomas Gitzel von der VP Bank.

"In der Spitze lag die Inflationsrate bei über 86 Prozent, während der Leitzins gerade mal auf 12,5 Prozent stieg", sagte Gitzel. Mittlerweile sei der Schlüsselzins wieder auf 8,5 Prozent gesenkt worden, obwohl die Teuerungsrate immer noch über 40 Prozent liege. "Damit wird man aber den hohen Teuerungsraten nicht Herr werden können", sagte Gitzel. Die Bevölkerung in der Türkei werde weiterhin unter einem hohen Kaufkraftverlust leiden. Werte die türkische Lira weiter ab, wachse die Gefahr eines Zahlungsausfalls.

Quelle: ntv.de, jog/rts/dpa


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