Elektrischer Siebensitzer Kia EV9 feiert Europapremiere

  30 Mai 2023    Gelesen: 652
  Elektrischer Siebensitzer Kia EV9 feiert Europapremiere

Kia möchte in puncto Nachhaltigkeit und Ladetechnologie zu den führenden Herstellern werden. Bis 2027 plant der Konzern global 15 neue Modelle mit elektrischem Antrieb. Für dieses Jahr steht allerdings der EV9 als besondere Premiere im Mittelpunkt.

Der Aufstieg der Marke Kia ist immer noch verblüffend. Gerade jetzt, als der brandneue Kia EV9 auch hierzulande hautnah zu erleben ist, sieht man es wieder: Man denkt, die koreanischen Produkte hätten ihren Attraktivitätszenit bereits erreicht - und dann! Jedes neue Modell gerät immer noch stylischer. Bisher war der EV9 ja nur auf Bildern zu sehen, aber jetzt steht er wahrhaftig im Studio in mattblauer Lackierung und scheint viele Zuschauer in seinen Bann zu ziehen.

Der erste Gedanke: Was für ein Lego-Auto ist das denn bitte? Allerdings ist das gar nicht negativ gemeint. Welche Coolness hat diese Marke, die vor anderthalb Autogenerationen noch Billigheimer verkauft hat, bei deren Anblick die meisten Interessenten ihre Nase gerümpft haben. Der EV9 avanciert zum Blickfänger dank seiner geometrischen Formensprache. Insbesondere die Front ist fancy. Kia spricht vom "digitalen Tigergesicht" - der Kühlergrill ist geschlossen und vertikale LED-Leuchteinheiten im ziemlich technischen Look fügen sich fast nahtlos in das Blech ein.

Der EV9 markiert einen Wegpunkt nicht nur im Kia-Universum. Aktuell gibt es noch nicht viele rein elektrisch angetriebene SUV in der Fünfmeter-Klasse mit drei vollwertigen Sitzreihen. Wobei der EV9 wirklich mit einer vollwertigen dritten Sitzreihe aufwarten kann, wie ja jetzt erstmals in live und Farbe ausprobiert werden konnte. Selbst das riesige Mercedes EQS SUV ist in der letzten Reihe gefühlt nicht so luftig wie der EV9. Beine übereinanderschlagen? Kein Problem. Blick nach oben: Da ist noch mächtig Luft. Übrigens kommt der smart aussehende Koreaner stets mit sechs Sitzplätzen, der siebte ist dann optional. Der Raumeindruck im Fond fällt auch deshalb so luftig aus, zumal der Koreaner über einen völlig ebenen Ladeboden verfügt - wie bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen üblich. Hier braucht man keinen Tunnel, um sperrige mechanische Komponenten unterzubringen.

Riesen-Kia startet mit 204 PS

Dass in dieser frühen Phase noch nicht gefahren werden darf, liegt nahe. Aber zu technischen Spezifikationen haben sich die Verantwortlichen bereits eingelassen. Die Basis ist angesichts der Fahrzeugklasse recht sachlich motorisiert. Hier werkelt nämlich der Strang mit 204 PS, wie man ihn aus vielen kleineren Baureihen des Konzerns kennt. Wer nicht ganz so bescheiden unterwegs sein möchte, darf oder muss sogar zum Allradler mit 384 PS greifen. Und den lässt Kia interessanterweise bis 200 km/h rennen (der kleinere EV6 mit diesem potenten Motorendoppel macht lediglich 185 km/h), während die EV9-Basis bei Tempo 185 dichtmacht.

An Drehmoment liefert der Hecktriebler 350 Newtonmeter, während die GT-Line ansehnliche 700 Newtonmeter stemmt. Der Punch reicht für Beschleunigungswerte von 9,4 (RWD) respektive 6,0 (AWD) beziehungsweise 5,3 Sekunden (GT-Line) von 0 auf 100 km/h. Darüber hinaus ist noch ein echter EV9 GT geplant mit Leistungs- und Performancewerten analog zum bereits ausgelieferten EV6 GT. Hier ist allerdings noch Geduld gefragt.

Klar, dass der EV9 gemäß der gebotenen Technologie (die E-GMP-Plattform beherrscht 800 Volt) schnell lädt. Kia verspricht ein mögliches Nachfassen von rund 240 Kilometern binnen einer Viertelstunde. Die maximale Ladeleistung bleibt das Datenblatt bisher schuldig. Ebenso ermöglicht das große SUV bidirektionales Laden, um unterwegs auch mal eine Kaffeemaschine mit Strom versorgen zu können.

Finden Sie unsinnig? Immerhin bietet das 5,01 Meter lange und bis zu 2,6 Tonnen schwere Schiff Sitze, die man um 180 Grad verdrehen kann - also perfekt zum Entspannen mit Kaffee oder Kaltgetränken. Außerdem ist der Kia das erste Modell der Palette mit verbesserter Fahrautonomie. Auf der Autobahn kann man dann auch mal die Hände vom Steuer nehmen, denn Level-3-Fahrautonomie ist ja mittlerweile erlaubt hierzulande. Und der Kia EV9 strebt eine entsprechende Zulassung an.

Großer Screen behutsam weiterentwickelt

Wie entspannt es hingegen wird, wenn der Fahrer selbst ranmuss, bleibt abzuwarten. Aber Wohlfühlstimmung kommt schon allein ob der ausladenden Platzverhältnisse auf. Die Passagiere vorn blicken auf den bei Kia typischen Bildschirm - allerdings kommt dieser hier in einer verfeinerten Version. Zwischen den beiden großen Screens versteckt sich nun ein dritter Monitor, auf dem man sämtliche Einstellungen für die Klimaanlage vornehmen kann. So braucht es keine Doppelbelegung bestimmter Tasten mehr. Die ist zwar clever, aber man muss dennoch ständig hin- und herswitchen, was nicht immer praktisch ist. Außerdem leistet sich der EV9 sogar den Luxus ein paar übriggebliebener physischer Tasten. So lässt sich die Innenraumtemperatur (für Fahrer und Beifahrer getrennt) einfach erfrischend per Drucktaster regulieren.

Der Rest ist ambitioniert, aber nicht spektakulär. Nachhaltige Materialien wie recyceltes PET und umweltfreundliche Lacke korrespondieren mit dem generellen Ziel von elektrisch angetriebenen Autos, die Mitwelt möglichst unversehrt zu lassen. Und der EV9 beweist eindrucksvoll, dass auch mit Lederalternativen anschmiegsame Sitzmöbelpolster hinzubekommen sind.

Adaptive Hightech-LED-Scheinwerfer finden sich im EV9 genauso wie ein leistungsstarker integrierter EV-Routenplaner, wobei Letzterer seine Performance erst noch unter Beweis stellen muss. Und statt Spiegel darf der User optional Kameras nutzen, die das Spiegelbild per Display an die Augen des Fahrers herantragen. Sieht spacig aus - die Wirkung ist fragwürdig.

Ein paar Informationen müssten dann bis zum Marktstart in einem Jahr noch her. Beispielsweise, wie viel Volumen der Kofferraum maximal bietet - das müsste bei einem Auto mit einem Radstand von 3,10 Metern reichlich sein trotz verbauter 99,8-kWh-Batterie. Und wo bleiben eigentlich die Fahrwerksgoodies bei einem Auto dieser Klasse? Luftfederung? Wankausgleich? Vielleicht wird man bis zum Spätsommer mehr wissen.

Bekannt ist dagegen, dass der EV9 als erster Markenvertreter per Smartphone zu öffnen und zu starten ist. Auch kann man damit die Kofferraumklappe öffnen, und zwar so, als sei das Mobiltelefon der Schlüssel. Es kann also getrost in der Tasche bleiben. Ein bisschen Zeit ist ja noch, sich mental auf den bisher ausgefallensten Kia einzustellen. Am besten in der mattblauen Lackierung.

Quelle: ntv.de


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