Wegen ein paar kleiner Inseln?
Pekings Reaktion: Die G-7-Staaten sollten "unverantwortliche Bemerkungen und Taten" lassen und ihre Zusage einhalten, sich im Inselstreit nicht auf eine Seite zu stellen. Damit nicht genug, ließ man in Peking den Botschafter Japans, das gerade der G-7-Gruppe vorsteht, ins chinesische Außenministerium vorladen. Die übrigen G-7-Gesandten aus den USA, Deutschland, Kanada, Großbritannien, Frankreich und Italien wurden einbestellt, eine schwächere Form des diplomatischen Protestes. Die Tonlage in Peking hatte bisweilen beleidigte Züge, als der Außenministeriumssprecher darauf verwies, dass sich die G 7 angesichts der schlechten Weltkonjunktur lieber um Wirtschaftsfragen kümmern sollten, "anstatt Streitigkeiten hochzuspielen".
Damit geht ein Streit um den Westpazifik in eine neue Runde, der sich auf zwei große Kontrahenten fokussiert: China als Aufsteiger und die USA als Platzhirsch im Westpazifik. Dazu gesellen sich zahlreiche Anrainerstaaten im Südchinesischen Meer, die es sich mit China als wichtigem Handelspartner nicht verderben wollen, sich aber zunehmend vor einem einschüchternden Auftreten Pekings fürchten und militärisch an die Seite Washingtons treten.
Fischereiflotten streiten um Fanggründe
China beansprucht seit ein paar Jahren bereits weite Teile des Südchinesischen Meeres für sich und führt außerdem im Norden mit Japan im Ostchinesischen Meer einen heftigen Streit um die Senkaku-Diaoyu-Inseln, ein paar kleine unbewohnte Eilande. Im Südchinesischen Meer ist der Streit um die Spratly-Inseln besonders konfliktträchtig. Auch diese sind sämtlich klein, darunter zahlreiche Riffe und Atolle. Vietnam, die Philippinen, Taiwan, Malaysia und China haben auf den Felseninseln jeweils Außenposten stationiert. Peking hat vor gut zwei Jahren damit begonnen, dort Felsen aufzuschütten und darauf künstliche Inseln zu bauen.
In Washington geht man davon aus, dass solche territorialen Maßnahmen dazu dienen, einen Status quo festzulegen und mögliche Militärstützpunkte zu schaffen. Die USA provozierten zuletzt chinesischen Unmut, als sie mit Kriegsschiffen durch die Spratlys fuhren. Die Vereinigten Staaten wollen damit unterstreichen, dass sie das Gebiet als internationales Gewässer ansehen.
Neben der geostrategischen Kontrolle über den Westpazifik, in dem eine der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt liegt, geht es bei dem Konflikt im Südchinesischen Meer auch um Rohstoffe. Dabei ist es wohl weniger das an einigen Stellen vermutete Öl – der Ölpreis ist zurzeit sowieso niedrig – als der Fischreichtum in den Gewässern. Die Fischereiflotten der umliegenden Staaten tragen nicht unwesentlich zur Versorgung ihrer jeweiligen Bevölkerung bei. Um die Fanggebiete wird heute mehr denn je gestritten. Die chinesische Flotte, die groß ist und sich auch von Schiffen ihrer Küstenwache begleiten lässt, hat den Ruf, besonders aggressiv aufzutreten. Beobachter dieses Streites vermuten, dass Peking seine Flotte so auch als geopolitisches Druckmittel einsetzt.
Dabei steht China im Rohstoffkonflikt gar nicht immer allein gegen die anderen. Mehr oder weniger alle Fischereiflotten der umliegenden Staaten führen untereinander einen Territorialstreit um Fanggebiete. Diese gehen von Protestnoten bis hin zu ernsthaften Kabbeleien auf See wie dem Rammen und Zerstören von Schiffen anderer Staaten. Auch im seit Langem schwelenden Konflikt um die Landnahme auf den Spratly-Inseln steht China bei näherer Betrachtung nicht als alleiniger Störenfried da: Die mit Abstand meisten Außenposten in der Inselgruppe hat in den letzten beiden Jahrzehnten Vietnam besetzt. "Wer ist der größte Aggressor im Südchinesischen Meer?", fragt entsprechend der in sicherheitspolitischen Fragen zu China kundige Greg Austin vom EastWest Institute in New York.