"Fallobst" Hülkenberg schiebt massiv Frust

  05 Juni 2023    Gelesen: 2723
  "Fallobst" Hülkenberg schiebt massiv Frust

Der einzige Deutsche fährt in der Formel 1 nur hinterher. Nach Platz 15 in Spanien wirkt Nico Hülkenberg desillusioniert. Der 35-Jährige wird deutlich: "Auf einer Runde sind wir konkurrenzfähig, auf 66 nicht." Das Problem des Teams: Sie bekommen den Reifenverschleiß nicht in den Griff.

So ernüchternd hatte sich Nico Hülkenberg seine lang ersehnte Rückkehr in die Formel 1 nicht vorgestellt. "Am Ende des Tages reicht es vom Tempo her nicht. Die ersten fünf Runden war ich wie Fallobst. Ich bin einfach aufgefressen worden", sagte der einzig verbliebene Deutsche im Fahrerfeld nach Platz 15 beim Großen Preis von Spanien. Anstatt um WM-Punkte oder Podestplätze zu fahren, findet sich der 35-Jährige in seinem unterlegenen Haas-Rennwagen am Ende des Feldes wieder. 15, 17, 15, 17 - das sind seine bisher letzten vier Platzierungen. Und schnelle Besserung ist nicht in Sicht.

"Auf einer Runde sind wir konkurrenzfähig, auf 66 nicht genug. Daran müssen wir arbeiten, das ist in dieser Saison unsere Schwachstelle", sagte Hülkenberg in Barcelona bei Sky. In den bisherigen sieben Saisonläufen hatte der Routinier als Siebter in Australien nur einmal Punkte geholt. In Katalonien war er nach einem starken Qualifying als Siebter aussichtsreich gestartet, konnte die Position aber schon in den ersten Runden nicht halten und fiel zurück.

Rasch "nach vorn robben"

Das Problem des US-Teams: Sie bekommen den Reifenverschleiß nicht in den Griff. Weil die Gummiwalzen durch die hohe Beanspruchung des Autos so schnell an Qualität verlieren, sind die Fahrer Hülkenberg und sein dänischer Teamkollege Kevin Magnussen im Mittelfeld hoffnungslos unterlegen. Über technische Verbesserungen müsse man sich nun möglichst rasch "nach vorn robben", sagte Hülkenberg, der bei Haas zu Beginn der Saison das Cockpit von Mick Schumacher übernommen hatte. Dieser bekam nach zwei Jahren bei den Amerikanern Ende 2022 keinen neuen Vertrag mehr. Hülkenberg, der WM-Siebte von 2018, war nach seinem Aus bei Renault 2019 selbst drei Jahre ohne Formel-1-Stammplatz.

Dem erfahrenen Rennfahrer aus Emmerich wird gute Arbeit attestiert. Er bringe sich mit all seiner Erfahrung ein, arbeitet akribisch an einem Aufschwung mit, doch Haas ist in diesem Jahr nur ein Hinterbänkler. Das Frustrierende für die Fahrer: Für eine schnelle Runde im Qualifying bekommt das Team den Wagen meist ordentlich abgestimmt, doch wenn es im Grand Prix um Punkte geht, folgt die große Enttäuschung. "Man hätte es gerne andersrum", sagte Hülkenberg. Für den Kopf sei das "schwierig", musste er zugeben.

Teamchef Steiner ist enttäuscht

Teamchef Günther Steiner sprach von einem "enttäuschenden Ergebnis" und gab seiner Mannschaft mit Blick auf das kommende Rennen in knapp zwei Wochen in Kanada Aufgaben mit: "Wir müssen versuchen, eine Lösung für unseren Reifenverfall zu finden." Der exzentrische Südtiroler hatte persönlich großen Anteil daran, dass Hülkenberg wieder in der Motorsport-Königsklasse dabei ist. Mit dem 24 Jahre alten Schumacher zeigte er sich im Vorjahr nur selten zufrieden. Dem Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher fehlte es laut Steiner an Erfahrung, er verursachte teure Unfälle und musste schließlich gehen.

Haas wünschte sich einen Piloten, der das Auto in jedem Rennen sicher ins Ziel bringt und Entwicklungsarbeit leistet. Das gelingt mit Hülkenberg, sportlich geht es aber kaum voran. Es solle ein Übergangsjahr sein, hieß es vor der Saison. Grund für Hoffnung zu einer positiven Wende gibt es derzeit aber nicht. "Die Situation ist, wie sie ist", sagte Hülkenberg, der einen bitteren Rekord hält. 188 Rennstarts ohne Formel-1-Podestplatzierung sind eine ungewollte Bestmarke für den Sieger des 24-Stunden-Klassikers von Le Mans 2015.

"Die Strecke liegt mir gut"

Erstmals seit Michael Schumacher 1993 gibt es nur noch einen deutschen Piloten in der Formel 1, 1990 war zuletzt gar keiner dabei, 2010 waren es bis zu sieben. Mick Schumacher arbeitet derzeit als Mercedes-Reservefahrer an einer Rückkehr. Diese wird aber auch 2024 schwierig, da es kaum Optionen gibt. Spekuliert wird, dass er ein Kandidat für Audi sein könnte. Der deutsche Autobauer steigt aber erst 2026 in die Formel 1 ein. Der 24-Jährige wird bei den Silberpfeilen derzeit jedenfalls mit Lob überhäuft, weil er sich aufopfert. Er leiste "großartige Arbeit", sagte Rekordweltmeister Lewis Hamilton über den Edel-Reservisten.

Schumacher darf am Mittwoch in Barcelona bei Testfahrten für Reifenhersteller Pirelli erstmals den aktuellen Mercedes steuern. Im kanadischen Montreal wird der ehemalige Formel-2-Meister aber wieder nur als Zuschauer in der Box sitzen, wenn es das nächste Mal um Punkte geht. Hülkenberg will sich dann steigern. "Die Strecke liegt mir gut", sagte er.

Quelle: ntv.de, Thomas Wolfer & Sandra Degenhardt, dpa


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