So abhängig ist die deutsche Wirtschaft von China

  20 Juni 2023    Gelesen: 957
  So abhängig ist die deutsche Wirtschaft von China

Ob elektronische Geräte oder wichtige Rohstoffe: China ist inzwischen der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Diese wirtschaftliche Abhängigkeit sehen viele zunehmend als Risiko. Doch die Gewinne sind laut einer Studie "schlichtweg zu attraktiv".

China ist längst Deutschlands wichtigster Handelspartner. Das Land ist für die deutsche Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnte immer bedeutender geworden und nimmt seit 2016 den Spitzenplatz in der Außenhandelsstatistik ein. Dem Statistischen Bundesamt zufolge lag der Umfang des wechselseitigen Warenaustauschs im vergangenen Jahr bei knapp 299 Milliarden Euro. Das war etwa eine Verdopplung binnen zehn Jahren, 2012 waren es noch 145 Milliarden Euro.

Deutlicher Importüberschuss

Dabei führte Deutschland deutlich mehr Waren aus China ein als es dorthin exportierte - der sogenannte Importüberschuss stieg nach Angaben des Bundesamtes 2022 auf einen neuen Spitzenwert von rund 85 Milliarden Euro. Während China im vergangenen Jahr bei den Importen mit einem Volumen von 192 Milliarden Euro der mit Abstand wichtigste Handelspartner Deutschlands war, sah das bei den Exporten anders aus: Die USA, Frankreich und die Niederlande nahmen mehr deutsche Waren ab als China.

Damit setzte sich laut Experten eine signifikante Verschiebung der Gewichte innerhalb der deutsch-chinesischen Handelsbilanz fort: Während China als Beschaffungsmarkt seit Jahren tendenziell wichtiger wird, hält der Absatz deutscher Produkte dort mit der Entwicklung nicht Schritt. So war China noch 2020 und 2021 zweitwichtigstes Zielland für deutsche Exporte, bevor es im vorigen Jahr laut vorläufigen Daten auf Rang vier abrutschte.

Notebooks und Smartphones aus China

Deutschland verkauft nach China vor allem Autos, Autoteile sowie Maschinen, wie Detaildaten des Statistischen Bundesamts zur Handelsbilanz des ersten Quartals des laufenden Jahres belegen. Umgekehrt liefert China vor allem elektronische Geräte sowie Maschinen, außerdem auch Rohstoffe. Den Statistikern zufolge kommen "viele Produkte des täglichen Lebens" längst zu einem Großteil aus China. Dies gilt außerdem für Güter, die bei Zukunftstechnologien wie E-Mobilität wichtig sind.

Was das im Einzelnen heißt, listet das Bundesamt exemplarisch auf: Gemessen am Warenwert kamen im ersten Quartal 2023 rund 86 Prozent der importierten Notebooks und Tablets und rund 68 Prozent der Smartphones und Telefone aus China. Gleiches galt für etwa 39 Prozent aller Lithium-Ionen-Akkus. Bei den für den Bau von Hightechkomponenten etwa im Bereich erneuerbarer Energien unverzichtbaren seltenen Erden lag die Importabhängigkeit bei 92 Prozent.

Tausende Firmen in China tätig

In China sind über 5000 deutsche Firmen mit 1,1 Millionen Beschäftigten tätig - neben den großen bekannten Unternehmen wie Volkswagen oder BASF sind dies auch unzählige Mittelständler wie der Kettensägenhersteller Stihl, der Maschinenbauer Trumpf oder der Gummibärchenproduzent Haribo. Sie profitieren von günstigen Arbeitskräften und einem riesigen Binnenmarkt.

In den vergangenen Jahren klagte die deutsche Wirtschaft vor allem über Einschränkungen und Diskriminierungen in der Volksrepublik im Vergleich zu chinesischen Unternehmen - etwa durch den Zwang, ein Gemeinschaftsunternehmen mit einer chinesischen Firma zu gründen, oder den fehlenden Zugang zu bestimmten Wirtschaftssektoren. Während der Pandemie kamen die strengen Corona-Maßnahmen in der Volksrepublik hinzu.

Geopolitische Spannungen nehmen zu

Mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sowie den militärischen Drohgebärden Pekings gegenüber Taiwan wird inzwischen aber auch die gesamte wirtschaftliche Abhängigkeit von China zunehmend als Risiko gesehen. In der Politik und teils auch in der Wirtschaft wird deshalb diskutiert, ob und wie sich die deutsche Volkswirtschaft insgesamt breiter aufstellen könnte.

Es gibt insbesondere aus der Wirtschaft allerdings auch Stimmen, die dies aufgrund der ökonomischen Bedeutung Chinas für die Weltwirtschaft und das Geschäft einzelner Unternehmen für unrealistisch halten. Der chinesische Absatzmarkt und die dort zu erwartenden Gewinne erschienen "schlichtweg zu attraktiv", um eine Abkehr zu erwägen, heißt es etwa in einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln.

Quelle: ntv.de, Sebastian Bronst, AFP


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