Fast 50 Jahre lang war es still um den Mond. Jetzt gibt es wieder einen regelrechten Run auf den Erdtrabanten. So schickte Russland in der Nacht seine Mondsonde "Luna-25" ins All. Indiens "Chandrayaan-3" ist bereits seit Wochen unterwegs. Ob die beiden Sonden an ihrem Ziel, dem Südpol des Mondes, tatsächlich ankommen, steht allerdings noch in den Sternen. Denn eine sanfte Landung ist auch im Zeitalter von Smartphones und Künstlicher Intelligenz immer noch eine Herausforderung.
Vor allem die indische Weltraumbehörde ISRO dürfte um ihre Sonde bangen. "Chandrayaan-3" befindet sich zwar inzwischen in der Umlaufbahn des Mondes, die Landung ist allerdings erst Ende August geplant. Der erste Versuch scheiterte bereits vor vier Jahren. Damals zerschellte das Landegerät "Vikram" auf der Mondoberfläche. Der Kontakt mit ihr war gut zwei Kilometer über dem Mond abgebrochen. Nur wenige Monate zuvor ereilte den israelischen Lander "Beresheet" dasselbe Schicksal.
Im April dieses Jahres wollte das japanische Startup Ispace als erstes Privatunternehmen eine Sonde auf den Mond bringen. In etwa fünf Kilometern Höhe dachte der Bordcomputer jedoch, er sei bereits auf dem Mond und stellte den Betrieb ein. Auch diese Mission brachte somit nichts weiter als Weltraumschrott.
Nur wenige Missionen waren erfolgreich
Russland hat gegenüber den Neulingen im Wettlauf auf den Mond hingegen einen entscheidenden Vorteil: Die damalige Sowjetunion landete am 3. Februar 1966 als erstes Land mit ihrer "Luna-9"-Mission erfolgreich auf dem Erdtrabanten. Außer ihr schafften das bislang nur die USA und China. Doch auch das ist keine Garantie für den Erfolg von "Luna-25". Von mehr als 30 Landeversuchen ohne Menschen an Bord schlug bislang die Hälfte fehl - und das nicht nur in den Anfangstagen der Raumfahrt.
Doch wie kann es sein, dass trotz massiver technologischer Verbesserungen seit den 1960er Jahren eine sanfte und sichere Mondlandung immer noch so schwierig ist? Jedes Smartphone hat heutzutage schließlich mehr Rechenleistung als die damaligen Bordcomputer der "Apollo 11"-Mondlandekapsel, die die ersten Menschen auf den Mond brachte.
"Mondlandungen sind immer eine Sequenz von kritischen Vorgängen, von denen jeder einzelne erfolgreich absolviert werden muss", erklärt Michael Khan, Ingenieur bei der europäischen Raumfahrtorganisation ESA, gegenüber der Verlagsgruppe Ippen Media. "Kritisch" bedeute, dass ein Fehler nicht mehr korrigiert werden könne. "Ein Problem bei jedem einzelnen dieser Kette von Vorgängen führt leicht zum Fehlschlag der Landung, also zum Absturz", sagt der Raumfahrt-Experte.
Bemannte Missionen seien dabei klar im Vorteil, sagt Nico Dettmann, ESA-Leiter für Mondtransportation. Die "Apollo"-Landungen seien teilweise nur durch Interventionen der Crew ermöglicht worden. "Nur wenige Missionen mit voll automatischen Landesystemen waren bisher erfolgreich. Jeder Lander hat ein spezifisches Landesystem-Design, kann nur bedingt auf die Erfahrungen früherer Missionen zurückgreifen und muss eine individuelle Qualifikation erreichen", so Dettmann. Außerdem könne man Mondlandungen auf der Erde nur bedingt simulieren, "was für jeden Landertyp ein gewisses Restrisiko bedeutet".
Keine Atmosphäre und gefährlicher Mondstaub
Zudem stellen die Bedingungen vor Ort hohe Anforderungen an die Technik dar. So hat der Mond so gut wie keine Atmosphäre. Auf den ersten Blick könnte das sogar von Vorteil sein, da die Landefähren kein Hitzeschild benötigen. So entstehen bei der Landung - im Gegensatz zum Eintritt in die Atmosphäre von Mars oder Erde - keine extrem hohen Temperaturen durch die Reibung mit den Luftmolekülen. Das ist aber auch gleichzeitig die größte Hürde: Fallschirme oder Tragflächen, die den Widerstand der Luft benötigen, kommen nicht infrage. Die Triebwerke allein können und müssen ein Fluggerät auf dem Weg zur Mondoberfläche abbremsen.
Ein großes Problem ist zudem der sogenannte Mondstaub. Anders als auf der Erde, wo Wind und Wasser sandiges Material glattschleifen, ist der steinige Regolith des Mondes scharfkantig. Dieser wird laut NASA bei der Landung aufgewirbelt und dringt aufgrund der geringen Schwerkraft in große Höhen vor. Dort kann der Staub Triebwerke oder Sonden beschädigen.
Außerdem können die schnell fliegenden Regolithteilchen, von denen manche sogar mehrere Hundert Kilometer pro Stunde erreichen, das Landeradar verwirren. So kann es passieren, dass der Bordcomputer die starke Bewegung des Staubs als vermeintliche Bewegung der Sonde interpretiert und gegensteuern will. Die Folge im schlimmsten Fall: ein harter Aufprall auf Mondoberfläche.
Ob Russlands "Luna-25" und die indische Raumsonde "Chandrayaan-3" alle Herausforderungen meistern können, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Im Wettlauf zum Mond stehen dabei schon die nächsten Länder in den Startlöchern: 2025 will die NASA mit "Artemis 3" wieder Astronauten auf den Mond bringen. Der Zeitplan wackelt allerdings. Auch das japanische Unternehmen Ispace plant schon im nächsten Jahr einen neuen Versuch.
Quelle: ntv.de
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