Libyen suspendiert Außenministerin wegen Israel-Treffen

  28 Auqust 2023    Gelesen: 730
  Libyen suspendiert Außenministerin wegen Israel-Treffen

Ein Treffen mit ihrem israelischen Amtskollegen kostet Libyens Außenministerin al-Mangusch vorläufig ihren Job. Sie habe damit nicht die Politik des Staates widergespiegelt, heißt es. Die höchste Diplomatin spricht von einem zufälligen Treffen, ihr israelischer Kollege sieht das anders.

Nach einem offenbar inoffiziellen Treffen mit ihrem israelischen Kollegen Eli Cohen ist die libysche Außenministerin Nadschla al-Mangusch "vorläufig suspendiert" worden. Die Chefdiplomatin werde einer "administrativen Untersuchung" durch eine Kommission unter dem Vorsitz der Justizministerin unterzogen, erklärte Regierungschef Abdelhamid Dbeibah am Sonntagabend auf Facebook, nachdem Informationen über das Treffen heftige Proteste in dem nordafrikanischen Land ausgelöst hatten.

Demnach forderten Demonstranten den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba. Ein im Internet verbreitetes Video soll zeigen, wie Menschen die Residenz von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba in Brand setzen. Es war unklar, ob sich Dbaiba zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude befand. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Dbaiba hatte seine Außenministerin Berichten zufolge am Sonntag von ihren Aufgaben freigestellt, um den Fall zu untersuchen.

Kurz zuvor hatte Cohens Büro mitgeteilt, dass die beiden Außenminister sich vergangene Woche in Rom getroffen hatten. Bei dem laut Jerusalem von Italien vermittelten Gespräch ging es demnach um "das große Potenzial der Beziehungen zwischen beiden Ländern". Themen seien neben einer möglichen Zusammenarbeit israelische Hilfe in humanitären Fragen, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft gewesen. Dies sei ein "erster Schritt in den Beziehungen zwischen Israel und Libyen", erklärte Cohen am Sonntag. "Die Größe und die strategische Lage Libyens bieten eine immense Chance für den Staat Israel", hieß es in der Erklärung aus Jerusalem. Demnach fand das Treffen unter der Schirmherrschaft des italienischen Außenministers Antonio Tajani statt. Weder Rom noch die libysche Regierung bestätigten das Treffen zunächst.

"Zufällige und inoffizielle" Begegnung

Das libysche Außenministerium bezeichnete das Treffen später als "zufällige und inoffizielle" Begegnung. Die Ministerin habe "in klarer und unzweideutiger Weise die Position Libyens gegenüber der palästinensischen Sache" bekräftigt, hieß es am Sonntagabend in einer Stellungnahme. Al-Mangusch habe es "abgelehnt, mit irgendeiner Partei zu sprechen, die die israelische Entität vertritt" und bleibe "kategorisch" bei dieser Haltung.

Der dreiköpfige Präsidialrat, der die drei Regionen Libyens vertritt, zeigte sich "überrascht" von den Berichten über das Treffen und fordert eine "Klarstellung" von der Regierung, wie der libysche Fernsehsender al-Ahrar TV unter Berufung auf ein Schreiben von Präsidialratssprecherin Nadschiwa Wheba berichtete. Die Sprecherin bestätigte das Schreiben.

Darin hieß es, das Treffen spiegele weder "die Außenpolitik des libyschen Staates" noch "die nationalen libyschen Konstanten" wider. Es werde "als Verstoß gegen die libyschen Gesetze betrachtet, die eine Normalisierung mit der zionistischen Entität kriminalisieren". Der Rat forderte den Regierungschef auf, "das Gesetz anzuwenden, falls das Treffen stattgefunden" habe. Das Parlament im Osten Libyens will am heutigen Montag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

Kontakte zu Israel stehen unter Strafe

Am Sonntagabend brachen in Tripolis und mehreren Vororten der Hauptstadt Proteste aus, deren Teilnehmer eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel ablehnten. Später griffen sie auch auf andere Städte über, wo Demonstranten Straßen blockierten, Reifen verbrannten und die palästinensische Flagge schwenkten.

Libyen erkennt Israel nicht an, die beiden Staaten unterhalten keine formellen diplomatischen Beziehungen. Laut einem Gesetz von 1957 sind Kontakte zu Israel strafbar. Die libysche Außenpolitik wird durch den jahrelangen Konflikt und den erbitterten internen Streit um die Kontrolle der Regierung und die Legitimität aller Maßnahmen der Regierung in Tripolis erschwert. Seit 2020 hat Israel seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain, Marokko und dem Sudan durch die Abraham-Abkommen normalisiert.

In Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. In dem ölreichen Staat ringen bis heute unzählige Milizen um Macht und Einfluss. Der Konflikt wird durch ausländische Staaten zusätzlich befeuert. Derzeit kämpfen zwei verfeindete Regierungen in dem Land um die Macht. Alle diplomatischen Bemühungen, den Konflikt friedlich beizulegen, scheiterten bisher.

Quelle: ntv.de, als/AFP/rts/dpa


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