Autos sind ein wahrer "Datenschutz-Albtraum"

  08 September 2023    Gelesen: 642
  Autos sind ein wahrer "Datenschutz-Albtraum"

Autohersteller sammeln laut einer Studie deutlich mehr Daten von Autofahrern als unbedingt nötig. Nicht nur Informationen über Standort oder Geschwindigkeit werden über die Technik in modernen Autos registriert. Auch das Sexleben der Insassen scheint interessant zu sein.

Eine Studie der Mozilla-Stiftung zu Datenschutzbestimmungen und -praktiken von 25 Autoherstellern wirft ein Schlaglicht auf mögliche Risiken für die Privatsphäre von Autofahrern. Das Ergebnis der Autoren fällt vernichtend aus: Alle Hersteller erhielten demnach den Hinweis "Privacy Not Included" (übersetzt: "Datenschutz nicht inbegriffen"). Autos seien ein wahrer "Datenschutz-Albtraum", das schlechteste Produkt, "das wir jemals auf Datenschutz überprüft haben", heißt es.

Die Autobranche hat in den vergangenen Jahren verstärkt auf vernetzte Technologien und datenbasierte Dienste gesetzt. Mozilla stellt nicht nur fest, dass grundsätzlich zu viele persönliche Daten gesammelt werden. Mit einem Anteil von 84 Prozent sollen die meisten Hersteller die Nutzerdaten auch an Dienstleister, Datenbroker und andere Unternehmen weitergeben oder verkaufen. Etwas mehr als die Hälfte der Autohersteller soll laut Studie sogar angegeben haben, die Daten "auf Anfrage" an Regierungen oder Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln. Eine richterliche Anordnung sei dafür nicht erforderlich, heißt es.

Viele der Infotainment-Systeme und Assistenzfunktionen in modernen Autos weisen laut Studie erhebliche Schwachstellen auf. Über Sensoren, Kameras, Mikrofone, Telematiksysteme und gekoppelte Mobiltelefone können und werden demnach nicht nur Bewegungen von Fahrern verfolgt, sondern auch verschiedenste persönliche Informationen abgegriffen. Ein besonderes Augenmerk legt die Studie dabei auf die unzureichende Verschlüsselung der übertragenen Daten. Diese Mängel könnten die Privatsphäre der Fahrer verletzen, heißt es.

Laut Studie räumen insgesamt nur zwei Automarken - Renault und Dacia - den Fahrern überhaupt das Recht ein, persönliche Daten löschen zu lassen. Bei den übrigen Herstellern hätten Fahrzeuginhaber wenig bis gar keine Kontrolle über ihre Daten.

Nissan interessiert das Sexualleben?

Manche Punkte aus der Studie scheinen nachvollziehbar, andere eher fiktiv, wenn nicht sogar absurd. Auf dem vorletzten Platz landete beispielsweise Tesla. Hier kritisierten die Mozilla-Autoren, aber lobten den US-Autopionier auch, weil er die gesammelten persönlichen Daten nicht an Dritte weitergibt oder verkauft. Das sei jedoch eine "ziemlich niedrige Messlatte" beim Schutz der Privatsphäre, schränken die Autoren ein.

Von den deutschen Autoherstellern schlug sich BMW am besten. Die Münchener landeten auf Platz 3. Der Konzern habe offenbar "weniger schwerwiegende Sicherheitsverstöße und Datenlecks gehabt" als andere Autohersteller, heißt es. Skepsis äußerten die Autoren jedoch hinsichtlich der Bereitschaft, Kunden die Möglichkeit zu geben, ihre Daten zu löschen. In einer Stellungnahme teilte BMW mit, dass Kunden die Möglichkeit hätten, "Daten zu löschen, sei es in ihren Apps, Fahrzeugen oder online". Die Datenfreigabe oder -unterdrückung könnten die Halter selbst bestimmen. Der Konzern verweist hier auf die Datenschutzerklärung von BMW.

Nissan schnitt von den 25 getesteten Autobauern am schlechtesten ab. Hier fiel den Mozilla-Autoren vor allem auf, dass "Daten aus den bedenklichsten Kategorien" gesammelt werden können. Dazu gehören überraschenderweise auch Informationen etwa über das Sexualleben sowie über "psychologische Tendenzen, Prädispositionen, Verhalten, Einstellungen, Intelligenz, Fähigkeiten und Eignungen" der Verbraucher, wie es in dem Bericht heißt. Fakt ist: In seiner Datenschutzerklärung gibt der Hersteller zu, Daten zur Gesundheit, Genetik und sexuellen Aktivität zu sammeln.

Warum Nissan sich ausgerechnet die Informationsrechte am Sexleben der Insassen seiner Autos sichern will, ob diese Hinweise ernst zu nehmen sind oder eher ein "bürokratischer Akt ohne Bedeutung", wie der "Spiegel" mutmaßt, bleibt unklar. Offen bleibt auch, wie diese Daten gesammelt werden sollen. Über GPS oder smarte Apparaturen dürfte es auf jeden Fall nicht möglich sein. Auf die Bitte der "Washington Post" um eine Stellungnahme reagierte Nissan nicht. Indessen ist die Vermutung, dass es sich um einen - etwas dummen - Scherz handeln könnte, nicht von der Hand zu weisen.

Quelle: ntv.de


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