IW: Deutsche Autobauer müssen Geschäftsmodell ändern

  15 September 2023    Gelesen: 945
  IW: Deutsche Autobauer müssen Geschäftsmodell ändern

Das bisherige Erfolgsmodell der deutschen Automobilbranche ist laut dem Institut der deutschen Wirtschaft "am Scheideweg angekommen". Die Exporte gehen zurück, die Umsätze brechen erheblich ein. Autobauer und Politik seien gefordert. Ein Vorhaben der EU-Kommission sehen die Experten skeptisch.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) befürchtet mit Blick auf jüngste Tendenzen im deutschen Außenhandel mit China, dass Probleme auf die erfolgsverwöhnte deutsche Automobilindustrie zukommen könnten. In ihrer Studie mit dem Titel "Beginnt das Derisking?" berichten die Autoren Jürgen Matthes und Thomas Puls, dass das Geschäftsmodell, das bisher die Autoproduktion in Deutschland gestützt hat, zunehmend unter Druck gerät - nämlich der interkontinentale Export hochwertiger Fahrzeuge.

Die deutschen Ausfuhren nach China waren im ersten Halbjahr um über acht Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Die Entwicklung bei Kraftfahrzeugen und Autoteilen führte dabei zu markanten Effekten: Das Ausfuhrminus von 21 Prozent trug zu drei Vierteln des Gesamtrückgangs bei.

"Für die weitere Entwicklung der Ausfuhrvolumina nach China im KFZ-Bereich dürfte es von entscheidender Bedeutung sein, ob es gelingt, das bisherige Geschäftsmodell des Exports hochwertiger Fahrzeuge nach China zu stabilisieren", so das IW. Dieses bisherige Erfolgsmodell sei laut dem Institut "am Scheideweg angekommen", da die Qualität der chinesischen Fertigung immer weiter zugenommen habe. So erfolge auch die Produktion von Fahrzeugen der Mittelklasse - wie beispielsweise der Audi A4 - und der oberen Mittelklasse (A6) für den chinesischen Markt immer mehr vor Ort.

Produktionsumstellung soll Verluste begrenzen

Es gehe für die deutschen Hersteller weniger darum, durch Rückverlagerung verlorene Volumina zurückzugewinnen als darum, nicht noch mehr zu verlieren. "Da die Märkte für PKW in Asien konzentriert sind, macht eine Rückverlagerung nach Deutschland aufgrund der Transportkosten kaum wirtschaftlichen Sinn", so das IW.

Um weitere Verluste zu vermeiden, werde es erforderlich sein, den Produktionsverbund für elektrifizierte Antriebsstränge hierzulande durch Aufbau einer heimischen Batteriezellfertigung zu stärken und vor allem die Dominanz in Segmenten wie Oberklasse oder obere Mittelkasse auch nach dem Wechsel des Antriebsstrangs zu verteidigen.

Angst vor Maßnahmen Chinas

Die EU-Kommission sieht die heimische Autobranche durch billige E-Autos aus China in Gefahr und prüft deshalb Anti-Dumping-Zölle. Manche Autoexperten fürchten nun, dass China massive Gegenmaßnahmen gegen die deutschen Autohersteller in China ergreifen wird.

"Die Sorge erscheint unbegründet: Gerade die deutsche Autoindustrie setzt in China zunehmend auf die Strategie 'local for local', sie produziert also zunehmend vor Ort ihre Autos für chinesische Kunden", meint IW-Experte Matthes. Die chinesische Regierung habe also kein Interesse, deutschen Autofirmen Steine in den Weg zu legen, sie würde sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden und vor allem chinesische Jobs auf Spiel setzen.

Beginnt das Derisking?

Für das von der Bundesregierung angestrebte Derisking lassen sich laut IW-Studie bei den Gesamtimporten aus China allenfalls erste Anzeichen ausmachen. Dahinter steckt die Absicht, sich angesichts geopolitischer Risiken in kritischen Bereichen nicht zu abhängig vom größten deutschen Handelspartner zu machen.

Die Analyse des Instituts zeigt, dass es unter mehr als 800 Produktgruppen mit einem chinesischen Einfuhranteil von über 50 Prozent im Jahr 2022 und einem relativ hohen Einfuhrwert im ersten Halbjahr 2023 mit rund 70 Prozent der Gruppen deutlich mehr Anteilsrückgänge als im Jahr 2022 gab. Ein genauerer Blick relativiere dieses Ergebnis allerdings. Mit knapp 16 Prozent sei der Anteil der Produktgruppen mit deutlichen Rückgängen von über 20 Prozentpunkten beim chinesischen Einfuhranteil 2023 nur begrenzt.

In Hinblick auf das Derisking sind die Einfuhranteile für das IW allerdings nur Indizien. Es sei Aufgabe der Bundesregierung, tiefgreifende Forschungen zu ermöglichen und damit die China-Strategie mit Blick auf das Derisking-Ziel mit Leben zu füllen.

Quelle: ntv.de, mes/rts


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