Einen knappen Monat nach dem Wahlsieg der Opposition hat die neue Mehrheit im polnischen Parlament einen ersten Schritt zur Wiederherstellung des Rechtsstaats gemacht. Das Parlament ernannte seine vier Vertreter im Nationalen Justizrat (KRS), der für die Ernennung von Richtern und die Überwachung ihrer Unabhängigkeit zuständig ist, und ersetzte damit die von der rechtsnationalistischen PiS-Partei ernannten Mitglieder.
Durch die neuen Ernennungen verändern sich die Mehrheitsverhältnisse im KRS allerdings nur geringfügig, er wird faktisch weiterhin von PiS-Mitgliedern kontrolliert. Vor der Abstimmung über die neuen KRS-Mitglieder hatte der neue pro-europäische Parlamentspräsident Szymon Holownia gesagt, angesichts der "von der PiS im KRS angerichteten Schäden" könne es "mehrere Monate" dauern, bis dieser reformiert sei.
Die EU liegt seit 2017 mit Polen wegen seiner umstrittenen Justizreform im Streit. Damals hatte die PiS-Regierung unter anderem den Nationalen Justizrat reformiert. Brüssel warf Warschau vor, dadurch die Rechtsstaatlichkeit massiv eingeschränkt zu haben. 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) über den reformierten Justizrat geurteilt, dieser gewährleiste keine ausreichende Unabhängigkeit der Justiz gegenüber Regierung und Gesetzgebung. Wenig später befand der Oberste Gericht Polens ähnlich.
Die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit ist eines der zentralen Wahlversprechen der oppositionellen liberal-konservativen Bürgerkoalition von Ex-Regierungschef Donald Tusk, die sich bei der Parlamentswahl eine Mehrheit sicherte.
Die PiS war am 15. Oktober zwar stärkste Kraft geworden. Mangels willigen Koalitionspartnern es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass sie eine parlamentarische Mehrheit zustande bekommt. Ungeachtet dessen erteilte ihr Präsident Andrzej Duda den Auftrag zur Regierungsbildung. Die Oppositionsparteien bereiten sich auf die Regierungsübernahme vor, müssen aber zunächst das erwartete Scheitern der PiS-Bemühungen abwarten.
Quelle: ntv.de, ino/AFP
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