Schließlich ist so ein privater Schlafplatz viel günstiger als ein Hotelzimmer. Wer für ein paar Tage verreist, kann sogar seine ganze Wohnung anbieten. Das ist zwar nicht jedermanns Sache. Doch immer mehr Reisende suchen diese Art der Unterkunft: Leben wie ein Einheimischer, in einer eingerichteten Wohnung statt im sterilen Hotelzimmer. Mitten im Leben, mitten in der Stadt.
Doch gerade auf den angespannten Wohnungsmärkten in den Städten läuft die Vermietung von Ferienwohnungen aus dem Ruder. Immer mehr Anbieter auf Plattformen wie Airbnb oder Wimdu nutzen die Wohnungen überhaupt nie selbst. Stattdessen vermieten sie ihre Apartments als reine Kapitalanlage immer wieder zeitweise an Touristen oder Geschäftsreisende - ohne die nötige Genehmigung. Offiziell handelt es sich dann weiter um eine ganz normale Wohnung. Doch Einheimische und Wohnungssuchende bleiben außen vor.
Der Immobilienentwickler GBI hat nun untersucht, wie viele Apartments dadurch dem normalen Wohnungsmarkt entzogen werden. Bundesweit haben die Forscher gut 46 000 Wohnungen gefunden. Angebote nach dem ursprünglichen Modell, also zeitweise vermietete Wohnungen oder Gästezimmer ohne eigenes Bad, sind da nicht mitgezählt. "Das Phänomen konzentriert sich besonders auf die Metropolen", sagt GBI-Analyst Stefan Brauckmann.
Allein in Berlin haben die Forscher mehr als 14 000 Wohnungen gefunden, die dauerhaft auf Portalen wie Airbnb oder Wimdu vermietet werden (siehe Grafik). Das entspricht zwar nur knapp einem Prozent aller vermieteten Wohnungen in der Hauptstadt. Es handelt sich aber vor allem um kleine Apartments, die auf dem Wohnungsmarkt dringend benötigt würden, etwa für Studierende, Berufsanfänger oder Senioren.
"Wenn mehrere tausend solcher Unterkünfte überwiegend in Innenstadt-Lagen dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt entzogen werden, verstärkt das den Engpass extrem", sagt Brauckmann. Das Beispiel Berlin verdeutlicht dies: In der Hauptstadt werden etwa 12 000 Wohnungen pro Jahr neu gebaut. Ein Ende der Zweckentfremdung würde den Berliner Wohnungsmarkt somit stärker entlasten als der Neubau eines Jahres.
Doch für die Eigentümer kleiner Stadtwohnungen zahlt es sich in der Regel aus, tageweise zu vermieten. Es kostet zwar Zeit, immer wieder den Gästewechsel zu organisieren. Doch auf den Monat gerechnet bringen die Einzelvermietungen deutlich mehr Umsatz als eine unbefristete Vermietung, wenn die Unterkunft halbwegs ausgelastet ist. Zudem bekommen die Anbieter ihren Gast schnell wieder los, sollte er Probleme bereiten.
Noch rentabler wird das Geschäft, wenn die Vermieter in Tagen hoher Nachfrage den Preis erhöhen können. Beispielsweise steigen in München regelmäßig während des Oktoberfests die Zimmerpreise. Es überrascht deshalb nicht, dass es in Messestädten wie Köln oder Leipzig besonders viele Privatunterkünfte gibt. "In Leipzig hat sich eine besonders starke Privatquartier-Szene entwickelt", sagt Brauckmann.
Der Deutsche Mieterbund besichtigt in Stichproben von Airbnb-Unterkünften häufig Mietwohnungen, in denen sich überhaupt keine Privatsachen befinden, die also als reine Ferienwohnungen eingerichtet worden sind. "Das ist eine Art der Zweckentfremdung", sagt Geschäftsführer Ulrich Ropertz, "die einen beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden verursacht." Schließlich geben die Städte zurzeit Millionen dafür aus, neuen Wohnraum zu schaffen oder Neubauten zu fördern. Genauso wichtig wäre es, die zweckentfremdeten Apartments wieder dem normalen Wohnungsmarkt zuzuführen, fordert Ropertz.
Per Gesetz gegen Zweckentfremdung
Einige Großstädte versuchen, die Zweckentfremdung per Gesetz einzudämmen. Die Städte Hamburg und München gehen seit 2013 verstärkt dagegen vor, wenn Wohnungen ohne Genehmigung als Ferien-Apartment, Büro oder Praxis genutzt werden. In Berlin und Köln gelten seit 2014 strenge Verordnungen. Doch der Markt der Privatunterkünfte wächst weiter. "Es reicht nicht aus, eine Verordnung aufzustellen", kritisiert Mieterschützer Ropertz. "Die Behörden müssen das Verbot auch durchsetzen."
Zum 1. Mai wird Berlin seine Regeln verschärfen. Die Hauptstadt zwingt Plattformen wie Airbnb oder Wimdu künftig, die Anbieter von Ferienwohnungen mit vollem Namen und Adresse zu nennen, um den Graumarkt besser überblicken zu können. Im Kampf gegen nicht genehmigte Ferienwohnungen schafft die Verwaltung 30 neue Stellen. Zudem drohen den Betreibern künftig 100 000 Euro Bußgeld. Gleichzeitig betonen die Städte: Wer nur einen Schlafplatz oder zeitweise seine Wohnung vermietet, in der er überwiegend selbst wohnt, handelt weiterhin völlig legal.
Neben Wohnungssuchenden sind Hoteliers die großen Verlierer zweckentfremdeter Apartments. In vielen Städten wächst die Konkurrenz durch günstige Privatzimmer jährlich im zweistelligen Prozentbereich. Die GBI-Forscher gehen davon aus, dass inzwischen jeder elfte Städtereisende in Deutschland sein Zimmer über Plattformen wie Airbnb bucht. Klassische Hotelbetreiber sind nicht begeistert von der neuen Konkurrenz.
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