Diese Länder scheitern an selbst gestecktem Klimaziel

  16 April 2024    Gelesen: 595
  Diese Länder scheitern an selbst gestecktem Klimaziel

Inzwischen gibt es weitergehende internationale Vereinbarungen, doch schon 2009 hatten sich einige Länder ehrgeizige eigene Ziele zur Verminderung des Treibhausgas-Ausstoßes gesetzt. Erfolgreich waren bei Weitem nicht alle, wie eine Studie zeigt.

Die meisten Länder haben einer Analyse zufolge ihre 2009 beim Klimagipfel in Kopenhagen gesetzten nationalen Klimaziele nicht erreicht. 19 von 34 untersuchten Ländern erfüllten ihre vor 15 Jahren gemachten Zusagen für 2020 nicht vollständig, wie ein Forschungsteam im Fachjournal "Nature Climate Change" berichtet. Deutschland gehört demnach wie Schweden und die USA zu den Ländern mit erreichtem Emissionsminderungsziel.

Die Forschenden um Jing Meng vom University College London (UCL) hatten die Netto-Emissionen der Länder mit den 2009 auf dem Kopenhagener Klimagipfel zugesagten Zielen zur Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes verglichen. Dabei berücksichtigten sie nicht nur die durch wirtschaftliche Aktivitäten innerhalb der Landesgrenzen entstandenen Emissionen, sondern auch den CO2-Fußabdruck importierter Waren.

"Wir befürchten, dass die Länder, die Schwierigkeiten hatten, ihre Verpflichtungen von 2009 zu erfüllen, wahrscheinlich noch größere Schwierigkeiten haben werden, ihre Emissionen noch weiter zu reduzieren", sagte UCL-Professor Jing Meng. Denn mit weiterem Wachstum sei damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach Energie weiter zunehme.

Zwölf Länder scheitern komplett

15 der Länder erreichten der Analyse zufolge das selbst gesteckte Ziel, zwölf scheiterten komplett. Die übrigen sieben Länder bezeichnet das Team als Halbwegsgruppe. Dort wurden Staaten eingruppiert, die die Kohlenstoffemissionen zwar reduzierten, dies aber zum Teil dadurch erreichten, dass sie Emissionen via internationalen Handel in andere Länder verlagerten.

In Luxemburg zum Beispiel seien die Emissionen im Land zwar gegenüber den Werten von 1990 um 34,1 Prozent zurückgegangen, die verbrauchsbedingten Emissionen aber um 43,9 Prozent gestiegen. Diese als "Carbon Leakage" oder "Carbon Transfer" bekannte Verlagerung sei ein wachsendes Problem.

Beim Klimagipfel COP15 in Kopenhagen war es nicht gelungen, ein umfassendes globales Abkommen zu erzielen, viele Länder hatten aber individuelle Reduktionsziele für den Zeitraum bis 2020 festgelegt - die sehr unterschiedlich ausfielen. Sie reichten nach UCL-Angaben von der "bescheidenen, aber erfolgreichen Zusage Kroatiens, die Kohlenstoffemissionen um 5 Prozent zu reduzieren, bis hin zu den relativ ehrgeizigen, aber erfolglosen Bemühungen der Schweiz, ihre Kohlenstoffemissionen bis 2020 um 20 bis 30 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken".

Ineffiziente Technologien abgeschafft

Zu berücksichtigen seien bei der Bewertung der Ergebnisse die verschiedenen Ausgangspositionen, erläutert das Forschungsteam. Die osteuropäischen Länder Estland, Litauen, Lettland und Rumänien hätten ihre Ziele zum Beispiel erfolgreich erreicht - das sei aber größtenteils schlichtweg darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Industrie auf veraltete, äußerst ineffiziente Technologien aus den frühen 1990er-Jahren zurückgriff, die inzwischen abgeschafft wurde.

Bei den meisten Ländern mit erreichten Emissionszielen sei der Erfolg indes vor allem auf effizientere Energienutzung und mehr saubere Energie - insbesondere durch die Abkehr von der Kohleverstromung - zurückzuführen. Bei den Staaten, die ihr Ziel nicht erreichten, habe es größtenteils einen auf steigendes Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt und Bevölkerungswachstum zurückgehenden Verbrauchsanstieg gegeben, der die Bemühungen um mehr Effizienz übertraf.

Zu den Ländern, die ihre Zusagen nicht einhielten, gehören der Auswertung zufolge auch die Niederlande, Norwegen, Spanien, Australien, Japan und Kanada. In die Halbwegsgruppe wurden unter anderem Belgien, die Tschechische Republik, Frankreich, Ungarn und Polen eingestuft. Erfolgreich waren den Forschenden zufolge etwa Dänemark, Finnland, Griechenland, Italien und Großbritannien.

Die 2009 national festgelegten Beiträge wurden inzwischen abgelöst: Mit dem 2015 auf der COP21 unterzeichneten Pariser Abkommen wurde ein ehrgeizigerer und umfassenderer globaler Rahmen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen geschaffen. Die Erderhitzung soll möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden.

Die Zeit wird knapp

Die EU hat sich als Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden, bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Wissenschaftler sehen dabei noch große Herausforderungen insbesondere in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Land- und Forstwirtschaft. Zusätzliche Maßnahmen seien unerlässlich, hatte es vom Europäischen Wissenschaftlichen Beirat zum Klimawandel im Januar geheißen.

Ohnehin könnte eine Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles noch schwieriger werden als zunächst angenommen: Im Oktober 2023 vorgestellte Berechnungen hatten ergeben, dass die Menschheit deutlich weniger Kohlendioxid ausstoßen darf als noch im Sechsten Weltklimabericht der Vereinten Nationen geschätzt. Bei weltweiten CO2-Emissionen auf dem Niveau von 2022 wäre diese Menge in etwa sechs Jahren aufgebraucht, schrieb eine Forschungsgruppe um Robin Lamboll vom Imperial College London im Fachjournal "Nature Climate Change".

Im Sechsten Weltklimabericht von 2021 lag die Schätzung bei 494 Milliarden Tonnen CO2. Bei der Neuberechnung kamen Lamboll und Kollegen zu einer verbleibenden CO2-Menge von 247 Milliarden Tonnen CO2 - also die Hälfte der früheren Schätzung. Allerdings bezog sich im Weltklimabericht die Restmenge auf die Zeit ab Anfang 2020, in der Studie auf die Zeit ab Anfang 2023. Falls die Menschheit in den nächsten Jahren nicht mehr als 247 Milliarden Tonnen CO2 ausstößt, besteht den Forschenden zufolge eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad steigt.

Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa


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