Der Wahlkampf um das Präsidentenamt läuft in den USA auf vollen Touren. Beim Votum am 5. November geht es nach dem Verzicht von Amtsinhaber Joe Biden auf eine erneute Kandidatur nicht nur um die Frage, wer für die kommenden vier Jahre ins Weiße Haus einziehen wird: die derzeitige demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris oder der Republikaner und Ex-Präsident Donald Trump. Zugleich wird aber über die Zukunft der weltweit einflussreichsten Demokratie insgesamt abgestimmt.
Wie schneiden Harris und Trump derzeit in der öffentlichen Meinung ab? Ein Blick auf die ntv.de Infografik der gemittelten nationalen Umfragewerte zeigt die tagesaktuelle Entwicklung:
Die Ergebnisse der zahlreichen US-Umfragen - hier in der Sammelauswertung des Analysehauses RealClearPolitics - sind der wichtigste Gradmesser für die politische Stimmung im Land. Täglich veröffentlichen Meinungsforscher in den USA neue Zwischenstände, basierend auf unterschiedlichen Befragungsmethoden, eigenen Fragestellungen oder eingegrenzten Zeiträumen.
Alle großen TV-Sender und Medienhäuser veröffentlichen eigene nationale Daten. Im Hintergrund nehmen dazu Dutzende Demoskopie-Institute laufend alle Strömungen und Ausschläge in der öffentlichen Meinung genau unter die Lupe. Welche Aussagen kommen bei den Wählern in welchem Lager gut oder schlecht an?
Analysiert werden zudem auch Zustimmungswerte in den verschiedenen sozialen Schichten, nach Altersgruppen, Geschlecht und ethnischen Zugehörigkeiten sowie in der Bevölkerung auf dem Land und in den Städten. Die Wahlkampfstrategen in den Kampagnen-Zentralen beider Parteien schauen genau auf jede neue Entwicklung.
Wie lässt sich in der Fülle der Umfragen ein belastbarer Trend erkennen? Aus europäischer Sicht reicht der Blick auf die Auswertung der gesammelten Umfrageergebnisse aus. Der unabhängige US-Spezialanbieter RealClearPolitics zum Beispiel analysiert in einer Art "Poll of Polls"-Ansatz derzeit mehr als 70 Erhebungen zur Lage im US-Wahlkampf zusammen.
Enthalten sind darin nicht nur die Daten renommierter Umfrage-Institute wie Ipsos, Harvard Caps oder Rasmussen, sondern auch die Einschätzungen verschiedener Medienhäuser von CNN oder NBS bis Forbes oder Fox News, von der "New York Times" bis zur "Washington Post". Die Idee: Etwaige bewusste oder unbewusste Verzerrungen durch politische Standpunkte der Auftraggeber werden durch die breite Auswahl ausgeglichen.
Gewichtet nach Kriterien wie Methodik, Befragungszeitraum und nicht zuletzt auch der Teilnehmerzahl ergeben sich daraus unterschiedliche Momentaufnahmen, die in der Sammelauswertung zusammengeführt werden. Entscheidend dürfte die Stimmung vor allem in den sogenannten Swing States werden, also jenen Bundesstaaten, in denen weder Republikaner noch Demokraten bisher über eine klare Mehrheit verfügen.
Der Blick auf die Umfragewerte erlaubt - allem Aufwand zum Trotz - dennoch keine sichere Prognose. Entscheidend bleibt das Stimmverhalten der Wähler am Tag des Urnengangs - und bis dahin kann noch viel passieren. Dazu kommen die Besonderheiten des US-Wahlsystems. Die US-Wähler stimmen nur indirekt darüber ab, ob Trump oder Harris das Präsidentenamt übernehmen wird.
Die abgegebenen Stimmen entscheiden lediglich über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums ("Electoral College"), das anschließend den Präsidenten wählt. In 48 der 50 Bundesstaaten funktioniert das per festem Mandat: Der Kandidat, der sich die Mehrheit sichern kann, bekommt alle Wahlmänner-Stimmen des jeweiligen Bundesstaats zugesprochen.
Ein Beispiel: Gewinnt ein Kandidat oder eine Kandidatin in Florida mit 50,1 Prozent der Stimmen, bekommt er die Stimmen aller 29 Wahlleute des Bundesstaats, die Mitbewerber gehen komplett leer aus - egal wie viele Menschen dort für sie gestimmt haben. Politikwissenschaftler sprechen vom Prinzip "the winner takes all". Einzig in den beiden kleineren Bundesstaaten Nebraska und Maine werden die Stimmen der Wahlleute anteilig auf Basis kleinerer Wahldistrikte vergeben.
Dieses Wahlsystem kann dazu führen, dass ein Kandidat zwar deutlich weniger Stimmen ("Popular Vote") bekommt als die Mitbewerberin, aber dennoch die Mehrheit der Wahlleute ("Electoral Vote") gewinnt - und damit auch das Rennen um die Präsidentschaft. 2016 erhielt die demokratische Bewerberin Hillary Clinton insgesamt knapp 2,9 Millionen Stimmen mehr als Donald Trump - der dennoch Präsident wurde.
Um Präsident oder Präsidentin zu werden, muss ein Kandidat beziehungsweise eine Kandidatin landesweit die Stimmen von mindestens 270 Wahlleuten gewinnen. Die Anzahl der Wahlleute eines Bundesstaats entspricht der von dort entsandten Zahl der Senatoren und Kongressabgeordneten und richtet sich ungefähr nach der jeweiligen Einwohnerzahl. Faktisch haben die Stimmen aus den kleineren Bundesstaaten dadurch ein deutlich höheres Gewicht: In Wyoming kam ein Wahlmann bei der Wahl vor vier Jahren auf 135.000 Wählerinnen und Wähler, in Kalifornien waren es 411.000.
Die Wahlleute stimmen formell 41 Tage nach der Präsidentenwahl ab, vor vier Jahren fiel dieser Termin auf den 14. Dezember. Das offizielle Ergebnis wird formell Anfang Januar im Kongress bekannt gegeben. Zu diesem Anlass kam es nach der Wahl 2020 zum Sturm gewaltbereiter Trump-Anhänger auf das Kapitol - das Zentrum der US-amerikanischen Gesetzgebung. Die Amtseinführung des künftigen Präsidenten oder der künftigen Präsidentin ist für den 20. Januar 2025 angesetzt.
Quelle: ntv.de, mmo
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