Zwar erkrankt längst nicht jeder, der von einer Zecke gebissen wird, die FSME-Viren überträgt: Zwischen 70 und 95 Prozent der Infektionen verlaufen ohne Symptome. "Kinder haben eher leichtere Verläufe", sagt Wiebke Hellenbrand aus dem Fachgebiet Impfprävention des Robert Koch-Instituts (RKI). "Je älter man jedoch zum Zeitpunkt der Infektion ist, desto wahrscheinlicher sind Komplikationen."
Wer an FSME erkrankt, bekommt zunächst grippeähnliche Beschwerden. Sieben bis 14 Tage nach der Infektion mit den Viren kann es zu Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen kommen. In seltenen Fällen führt die Infektion aber auch zu einer schweren Entzündung der Hirnhäute (Meningitis), des Gehirns (Enzephalitis) oder des Rückenmarks (Myelitis). Etwa ein Prozent dieser Betroffenen stirbt an der Infektion.
Die Saison geht meist von Frühjahr bis Herbst und richtet sich nach dem Wetter. Sobald es etwa sieben bis acht Grad hat, werden die Zecken aktiv. Auch in diesem Jahr hat die Saison bereits begonnen, sieben FSME-Fälle wurden bereits dem RKI gemeldet. Im Jahr 2015 ermittelten die Epidemiologen insgesamt 220 FSME-Infektionen.
Serie Infektionskrankheiten
In loser Reihenfolge stellen wir sieben wichtige Infektionskrankheiten vor. Darunter drei der häufigsten Durchfallerkrankungen (ausgelöst durch Salmonellen, Noroviren und Rotaviren), außerdem die Grippe, die Masern, die durch Zecken übertragene Frühsommermeningitis (FSME) und eine eher unbekannte Infektion mit einem ungewöhnlichen Übertragungsweg: die Hantaviruserkrankung, die von Rötelmäusen übertragen wird.
FSME kommt vor allem im Süden vor. Das RKI benennt Risikogebiete, die auf Karten zu sehen sind, die das Institut jedes Jahr neu erstellt. Andere von Zecken übertragene Krankheiten wie etwa die Lyme-Borreliose, tritt hingegen in ganz Deutschland auf. Die Infektion wird durch Bakterien ausgelöst und kann die Haut, Gelenke und das Nervensystem betreffen. Mit Borrelien sind etwa 5-35 Prozent der Zecken befallen. Nur rund fünf von 100 Menschen, die von einer Zecke gebissen werden, infizieren sich nach RKI-Berechnungen - und nur ein kleiner Teil von ihnen entwickelt Symptome.
Die meisten gemeldeten FSME-Fälle gibt es in Bayern und Baden-Württemberg. In diesen beiden Ländern liegen 125 der insgesamt 145 Risikogebiete. Einzelne Risikoregionen gibt es aber auch in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, in Thüringen und Sachsen.
In den vergangenen fünf Jahren gab es in bayerischen Regionen, die östlich an Tschechien und Österreich grenzen, am meisten Neuerkrankungen - zusammen mit baden-württembergischen Kreisen im Gebiet des Schwarzwalds und entlang des Bodensees. So kam der bayerische Landkreis Amberg-Sulzbach im Zeitraum von 2011 bis 2015 auf eine jährliche Neuerkrankungsrate von rund acht Fällen pro 100.000 Einwohner und hatte damit in den vergangenen Jahren die höchste Krankheitslast in Deutschland. In Norddeutschland ist die Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren, hingegen gering.
Warum das Virus hauptsächlich in Süddeutschland vorkommt, wissen die RKI-Experten nicht so genau. "Offenbar sind dort die klimatischen und ökologischen Bedingungen für die Zirkulation des FSME-Virus in den Zecken und ihren Wirtstieren besonders günstig", vermutet Medizinerin Hellenbrand. "Bisher konnte sich das Virus in den nördlichen Bundesländern nicht nachhaltig etablieren."
Zum Schutz vor FSME empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Impfung für Kinder und Erwachsene, die in den ausgewiesenen FSME-Risikogebieten Kontakt zu Zecken haben könnten - also viel in der Natur sind. Denn im Gegensatz zur bakteriellen Borreliose, die mit Antibiotika behandelt werden kann, gibt es gegen FSME keine ursächliche Therapie.
Wer in einem Risikogebiet nur einen Urlaub plant, muss daher abwägen. Die Impfung sei eine individuelle Entscheidung, sagt Hellenbrand: "Man schützt nur sich selbst, denn man kann andere ohnehin nicht anstecken. Wenn man sich in einem Risikogebiet unbeschwert in freier Natur bewegen möchte, halte ich es für sinnvoll, sich auch vor einem Kurzaufenthalt impfen zu lassen."
Wer sich gegen eine Impfung entscheidet, aber dennoch im Sommer durchs bayerische Unterholz kriechen will, kann es mit Insektenschutzmitteln versuchen - manche Produkte bieten laut Stiftung Warentest zumindest für eine kurze Zeit einen gewissen Schutz.
Trotzdem sollte sich jeder nach einem Waldspaziergang genau auf Zecken untersuchen. Hat sich ein Tier festgebissen, muss es sofort entfernt werden, da sich das Virus schnell von der Zecke auf den Menschen überträgt. Bei den Borrelien ist das anders, bei ihnen steigt das Infektionsrisiko nach RKI-Angaben nach einer Saugzeit von mehr als zwölf Stunden.
Als Werkzeug zur Zeckenentfernung empfiehlt RKI-Expertin Hellenbrand eine Pinzette oder eine Zeckenkarte. Und: "Keine Drehbewegung machen und auch nichts draufträufeln", sagt die Medizinerin. "Sondern gerade und möglichst an einem Stück herausziehen."
Quelle : spiegel.de
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