Ein richtiger Geländewagen war der Nissan X-Trail noch nie. Doch seit der dritten Generation ist der kernige Kasten endgültig vom Abenteurer zum Softroader für den Familienalltag geworden. Mit der neuen Ausstattungsvariante "N-Trek" steuern die Japaner nun sanft gegen und machen ihr Familien-SUV nun zumindest ein bisschen matschtauglicher.
In der aktuellen, vierten Generation ist der X-Trail so etwas wie der große Bruder des Qashqai. Beide SUV basieren auf der identischen Technikplattform und bedienen sich auch aus dem gleichen Antriebsregal. Was der X-Trail dem kleineren Verwandten voraus hat, ist vor allem viel Raum. Auf 4,68 Metern Länge bietet er bis zu sieben Sitzplätze oder alternativ bei fünfsitziger Bestuhlung einen 575 Liter großen Kofferraum.
Vor allem optische Besonderheiten
Die Besonderheit der vor Kurzem ins Programm gehobenen "N-Trek"-Ausführung sind vor allem optischer Natur: So zählen etwa schwarz lackierte Felgen und ein entchromter Kühlergrill zu den Modifikationen gegenüber dem Standardmodell. Dazu kommt ein für Familien praktisches Extra - Gummimatten für die Fußräume und das Gepäckabteil. Herbstliche Familienwanderungen oder Spaziergänge mit dem Hund verlieren so an Schrecken für Polster und Teppiche.
Charakterlich bleibt der X-Trail eben eher ein Familien-Van im Offroad-Look als ein SUV für das Hinterland - woran auch der elektrische Allradantrieb nichts ändert. Das "e4orce" genannte System arbeitet mit zwei E-Motoren, einem 150 kW/204 PS starken an der Vorderachse und einem kleineren mit 100 kW/136 PS hinten. Zusammen kommen sie auf eine Maximalleistung von 157 kW/231 PS.
Nichts für knallharten Offroad-Einsatz
Für den knallharten Offroad-Einsatz ist das System nicht ausgelegt. Aber es muss ja nicht immer über Geröll oder durch Sanddünen gehen - auch auf der rutschigen Wiese oder dem Waldparkplatz können zwei angetriebene Achsen nützlich sein. Die recht feinfühlige elektronische Regelung soll sich aber auch im Alltag positiv bemerkbar machen, gleicht sie doch mit kurzen und gezielten Eingriffen das Karosserienicken beim Bremsen aus oder hilft mit radindividueller Drehmomentverteilung in der Kurve.
Tatsächlich fährt sich der große Nissan ruhiger, handlicher und souveräner, als es seine ausufernden Abmessungen und das nicht adaptive Stahlfahrwerk erwarten lassen. Wer angesichts von Allradtechnik auf eine besonders gute Eignung als Zugfahrzeug hofft, wird allerdings enttäuscht: Erlaubt sind mäßige 1650 Kilogramm, 150 Kilogramm weniger als beim frontgetriebenen X-Trail.
Großer, gut nutzbarer Kofferraum
In vielen Fällen dürften X-Trail-Fahrer aber auch ohne angekoppelten Extra-Stauraum auskommen. Der Kofferraum ist nicht nur groß, sondern lässt sich dank der weiten Öffnung und des variablen Ladebodens gut nutzen. Letzterer gleicht auch die konzeptbedingt hohe Ladekante ein wenig aus, da er in der obersten Position eine ebene Fläche bildet. Auch beim Umklappen der Rücksitzlehne stört keine Stufe.
Gegen 800 Euro Zuzahlung baut Nissan eine herausklappbare dritte Sitzreihe in den Gepäckraum, die auf Dauer aber lediglich für Kinder taugt. Da sich Reihe zwei aber längs verschieben lässt und die Lehnen in der Neigung verstellbar sind, haben sie es bequemer als in manch einem anderen Siebensitzer-SUV.
Innenraum konventionell und wertig
Den Innenraum hat Nissan allgemein eher konventionell, aber durchaus wertig gestaltet. Die meisten Funktionen lassen sich noch über physische Schalter und Knöpfe steuern, die sich angenehm anfassen und gut zur Hand liegen. Der Touchscreen in der Mittelkonsole fällt für heutige Standards sehr klein aus, liegt aber ablenkungsarm im Blickfeld. Die wichtigsten Informationen finden sich außerdem im optionalen Head-up-Display. Gut ablesbar und nicht zu verspielt gestaltet ist das Digitalinstrument hinter dem Lenkrad.
So unaufgeregt der Nissan im Cockpit seine Technik ausstellt, so speziell ist zumindest der Antrieb. Als Ersatz für einen Diesel haben die Japaner einen seriellen Hybrid im Programm, den man auch vom kleineren Qashqai kennt. Kernstück sind die beim Allrader zwei E-Motoren, die gemeinsam die Räder antreiben. Der X-Trail fährt sich damit wie ein E-Auto, mit flottem Antritt und gleichmäßiger Beschleunigung. Der Strom kommt dabei allerdings nicht wie bei E-Mobilen aus der Steckdose, sondern wird an Bord von einem 1,5-Liter-Dreizylinderbenziner (116 kW/158 PS) erzeugt und in einer kleinen Batterie zwischengespeichert.
In der Stadt sparsam, auf der Autobahn nicht
Das soll effizient sein, weil der Verbrenner durch den Puffer die meiste Zeit in einem verbrauchsgünstigen Betriebsmodus gehalten wird. Zumindest in der Stadt, wo sich das große SUV unter die Sechs-Liter-Marke drücken lässt und damit deutlich sparsamer ist als ein vergleichbar großer Benziner oder Diesel. Auf der Landstraße dreht sich das Verhältnis dann zunehmend, auf der Autobahn bleibt der Hybrid dann endgültig hinter den nicht-elektrifizierten Antrieben zurück: Weil der Benziner permanent und mit Hochleistung mitarbeiten muss, stehen schnell Werte um die 10 Liter auf dem Bordcomputer.
Der E-Power-Aufpreis von mindestens 3000 Euro gegenüber der Variante ohne die Hybridtechnik dürfte sich in Deutschland nur für wenige Kunden lohnen. Bei der ab 46.000 Euro teuren Allradvariante beträgt die Differenz zum Benziner sogar 6000 Euro. Das generell selbstbewusste Preisniveau wird durch die gute Ausstattung immerhin ein wenig gemildert. Schon das Basismodell "Acenta" bietet alles Wichtige, für 4000 Euro mehr gibt es die noch mal um fast zwei Dutzend Posten ergänzte "N-Connecta"-Ausführung, die auch Grundlage für den "N-Trek" ist, der noch einmal 1500 Euro zusätzlich kostet und mit 51.500 Euro in der Preisliste steht.
Wenn das Budget begrenzt ist, tut es beim X-Trail auch die frontgetriebene Variante mit Basisausstattung, die mit 39.400 Euro durchaus fair eingepreist ist. Ob Allradantrieb und etwas mehr Effizienz im Stadtverkehr sowie ein Schuss Offroad-Optik mehr als 12.000 Euro Zuzahlung wert sind, muss jeder Käufer für sich selbst entscheiden.
Die Qualitäten des X-Trail bleiben im Kern jeweils die gleichen: Das Familien-SUV bietet viel Platz, eine durchdachte Bedienung und einen klassisch geschnittenen, wertigen Innenraum. Der E-Power-Antrieb weiß bei Kraftentfaltung und Harmonie zu überzeugen, wird für die meisten Anwender seine theoretischen Effizienzvorteile aber nicht realisieren.
Technische Daten - Nissan X-Trail 1.5 VC-T E-Power e4-Force 213 PS
Fünftüriger, fünf- oder siebensitziger Crossover der Mittelklasse
Länge: 4,68 Meter, Breite 1.84 Meter (mit Außenspiegeln: 2,07 Meter), Höhe: 1,72 Meter, Radstand 2,71 Meter, Kofferraumvolumen: 575 - 1.396 Liter
1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner als Generator für die beiden E-Motoren, 116 kW/158 PS, max. Drehmoment 250 Nm, Elektromotoren: Vorderachse: 150 kW/204 PS, 300 Nm, Elektromotor Hinterachse: 100 kW/136 PS, 195 Nm. Systemleistung 157 kW/214 PS, Allradantrieb, Ein-Gang-Automatik, Vmax: 180 km/h, 0 -100 km/h: 7,0 s, Verbrauch (WLPT): 6,6 - 6,1 Liter/100 km, CO2-Emissionen: 143 - 152 g/km, Testverbrauch: 7,8 Liter/100 km, Preis: ab 45.900 Euro.
Quelle: ntv.de, Holger Holzer, sp-x
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