Spaniens König ruft Neuwahlen aus

  03 Mai 2016    Gelesen: 679
Spaniens König ruft Neuwahlen aus
Es ist ein Novum in der spanischen Geschichte: Viereinhalb Monate nach der jüngsten Parlamentswahl werden die Bürger Ende Juni erneut an die Wahlurnen gerufen. Die stärksten Parteien haben sich auf keine Koalition einigen können.
Nach dem Scheitern der Regierungsbildung hat Spaniens König Felipe VI. Neuwahlen für den 26. Juni ausgerufen. Der Monarch unterzeichnete das Dekret zur Auflösung des Parlaments und zur Ansetzung des Urnengangs in der Königsresidenz Palacio de la Zarzuela nordwestlich von Madrid.

Die Frist zur Wahl einer Regierung war nach der Parlamentswahl vom 20. Dezember um Mitternacht abgelaufen. In den vergangenen knapp viereinhalb Monaten hatte keine der vier stärksten Parteien eine regierungsfähige Koalition bilden können. Es handelt sich um die ersten Neuwahlen in der Geschichte Spaniens.

Im Dezember hatte die konservative Volkspartei (PP) des seitdem geschäftsführenden Ministerpräsident Mariano Rajoy mit 28,7 Prozent zwar gewonnen, die absolute Mehrheit aber verloren. Rajoy fand danach keinen Bündnispartner. Auch der Chef der Sozialisten (PSOE), Pedro Sanchez, scheiterte mit dem Versuch einer Koalitionsbildung.

Der "alte Hase" und der "Hübsche"

Unter den vier Spitzenpolitikern, die auch nach der Neuwahl des Parlaments das Heft in der Hand halten wollen, fällt Rajoy die Rolle des "alten Hasen" zu. Schon unter dem damaligen konservativen Ministerpräsidenten José Maria Aznar war Rajoy von 1996 bis 2000 Bildungs- und Kulturminister. 2004 avancierte er zum Vize-Regierungschef und war von 2001 bis 2002 zusätzlich Innenminister.

Im November 2011 selbst an die Regierungsspitze gelangt, machte Rajoy sich in großen Teilen der Bevölkerung durch Sparmaßnahmen unbeliebt. Die Arbeitslosenzahl stieg von 4,4 Millionen bei Regierungsübernahme auf fast sechs Millionen 2016, sank aber inzwischen auf rund vier Millionen. Rajoy fuhr dennoch bei der Wahl im Dezember eine krasse Niederlage ein.

Mit seinem charmanten Lächeln und kameratauglichen Auftreten ist Sozialistenchef Sanchez so etwas wie das Gegenstück zum eher steif wirkenden Rajoy. Der 44-Jährige trägt den Beinamen "El Guapo" (Der Hübsche). Sanchez war erst anderthalb Jahre in der Politik, als er im Juli 2014 an die Spitze der PSOE gewählt wurde. In die Partei war der Sohn sozialistischer Aktivisten allerdings bereits 1993 eingetreten. Während seiner Bewerbung um die Parteiführung 2014 reiste er nach eigenen Worten 60.000 Kilometer kreuz und quer durch Spanien und übernachtete bei Mitgliedern, um der Partei den Puls zu fühlen.

Im März scheiterte Sánchez mit dem Versuch, eine parlamentarische Mehrheit für eine Koalition aus Sozialisten und der Zentrumspartei Ciudadanos zu finden. Er machte dafür die linkspopulistische Bewegung Podemos von Pablo Iglesias verantwortlich. Sie habe "Millionen von Wählern verraten, die für einen Wandel gestimmt hatten", sagte Sánchez.

Iglesias und Rivera für "demokratische Regenerierung"

Pablo Iglesias erzielte bei der Parlamentswahl kurz vor Weihnachten seinen bislang größten Erfolg: Aus dem Stand wurde seine noch junge linke Partei Podemos drittstärkste Kraft. Prompt verkündete Iglesias die Geburt eines "neuen Spanien" und das Ende des bisherigen Zwei-Parteien-Systems.

Mit Pferdeschwanz, Jeans und Turnschuhen verkörpert der 37-Jährige eine lässige neue Politikergeneration. Erst im Januar 2014 hatte der Politikwissenschaftler mit ein paar Kollegen an der Madrider Universität Complutense die Bewegung Podemos gegründet. Ihr Ziel ist der Kampf für die Armen, gegen Ungleichheit und Korruption. - Iglesias entstammt einer politisch engagierten Familie: Sein Vater war unter der Franco-Diktatur wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe inhaftiert, seine Mutter, Anwältin für Arbeitsrecht, ist die Nichte eines ermordeten Sozialisten.

Im Jahr 2006 musste sich Albert Rivera noch für eine Wahlkampagne nackt ausziehen, um sich die gewünschte Aufmerksamkeit zu sichern. Inzwischen ist der 36-jährige Politiker von der liberalen Partei Ciudadanos landauf landab bekannt. Rivera wurde 1979 in eine Händlerfamilie in Kataloniens Regionalhauptstadt Barcelona geboren. Er ist ein glühender Verfechter des Verbleibs der Region in Spanien und damit auch außerhalb der Heimatregion wählbar.

Quelle: n-tv.de , wne/dpa/AFP

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