Dafür müssen Beamte und Arbeiter angeblich seit Wochen Überstunden machen. Statt wie sonst üblich um 6 Uhr in der Früh, gibt es den allgemeinen Weckruf in der nordkoreanischen Hauptstadt schon eine Stunde früher. Die Sicherheitskräfte greifen noch härter durch als ohnehin schon. Während des Kongresses darf weder geheiratet werden noch beerdigt. Freie Ein- und Ausreise aus der Stadt - sofern vorher überhaupt gestattet - ist in der Zeit ebenso eingeschränkt.
Überprüfen lassen sich diese Schilderungen von südkoreanischen Blogs wie "38north" und "Daily NK" kaum. Dennoch: Die Bedeutung des Kongresses für das Regime ist immens. Die Arbeiterpartei ist neben dem Militär das wichtigste Machtinstrument der Kim-Familie, der Kongress das wichtigste Gremium. 3000 Provinzdelegierte sollen dafür nach Pjöngjang gereist sein. Bilder bei "nkleadershipwatch" zeigen Männer und Frauen in schwarzen Anzügen vor den Statuen der vorangegangenen nordkoreanischen Diktatoren Kim Il Sung und Kim Jong Il.
Kim Jong Il, Vater des aktuellen Diktators, hatte während seiner Herrschaft die Losung des "Militär zuerst" ausgegeben. Analysten erwarten von dem anstehenden Parteitag nun eine Zäsur: Demnach könnte Kim Jung Un eine Abkehr von dieser Parole ausrufen und stattdessen die Wirtschaftsreformen des Landes zur offiziellen Parteilinie erklären. Zweiter Bestandteil seiner sogenannten Byongjin-Politik ist die Positionierung Nordkoreas als Atommacht.
Weiterer Nukleartest befürchtet
Vor allem in Südkorea ist man deshalb nervös. Das Nachbarland befürchtet einen fünften Atomtest kurz vor Beginn des Parteitags. Laut der südkoreanischen Zeitung "Dong-a Ilbo" verdichteten sich die Zeichen darauf - obwohl die Vereinten Nationen erst im März die Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime erneut verschärft hatten. Anlass war auch hier ein mutmaßlicher Atomtest. Sogar der eigentliche Verbündete Nordkoreas, die Volksrepublik China, hatte den Sanktionen zugestimmt. Im April hatte Kim Jong Un zudem noch insgesamt drei Raketentests durchführen lassen, von denen zwei allerdings gescheitert sein sollen.
Bei allem Brimborium um den Parteitag - das Interesse im Volk könnte sich in Grenzen halten. "Die normalen Leute denken: Das hat nichts mit mir zu tun", wird ein geflohener Nordkoreaner von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Seit der verheerenden Hungersnot in den Neunzigerjahren sei der Rückhalt für die Partei in der Bevölkerung geschwunden.
"Die Parteimitgliedschaft entschied früher darüber, ob man wie ein Mensch behandelt wurde", sagt ein weiterer ehemaliger Nordkoreaner zu Reuters. "Aber der Stolz, den sie aus der Mitgliedschaft gezogen haben, schwindet. Heute interessieren sich die Menschen nur noch für Geld."
Quelle : spiegel.de
Tags: