Das Misstrauen wächst

  28 Mai 2016    Gelesen: 400
Das Misstrauen wächst
Der afghanische Taliban-Chef Mullah Mansur wurde im pakistanischen Kernland getötet. Die USA bekannten sich zu dem tödlichen Drohnenangriff. Pakistan zeigte sich erschüttert. Das Verhältnis der beiden Länder im Kampf gegen den Terror - es wird immer schwieriger.

Keine 24 Stunden nach dem tödlichen Drohnenangriff auf Mullah Mansur bestätigte US-Außenminister John Kerry den Einsatz. Eigentlich schweigen die USA über ihr Drohnenprogramm. Denn die Politik des gezielten Tötens und die Frage, ob Drohnen Terror eindämmen können, sind umstritten. Doch dieser Angriff sollte nach draußen dringen.

Kerry war auf einer Dienstreise in Myanmar, als er in die Offensive ging: „Diese Aktion sendet das klare Signal an die Welt, dass wir weiter an der Seite unserer afghanischen Partner stehen“, sagte er. Außenministeriumssprecher Mark Toner teilte mit, dass die Pakistaner mehr tun müssten, um Terroristen zu entwurzeln, die auf ihrem Territorium Schutzzonen finden.

Schwieriges Verhältnis zwischen Pakistan und den USA

Offiziell gilt Pakistan als Partner des Westens im Kampf gegen den Terror. Doch das Land steht im Verdacht, mit extremistischen Gruppen wie den afghanischen Taliban und dem Haqqani-Netzwerk zusammenzuarbeiten, um seine regionale Macht auszubauen. Der amerikanische Geheimdienst CIA fliegt seit Jahren Drohnenangriffe auf Ziele im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet.

Trotz aller Proteste geschieht das zweifellos mit Hilfe des mächtigen pakistanischen Militärs. Die CIA-Kampfdrohnen starten und landen in Pakistan und nehmen offenbar Extremisten ins Visier, die auch Pakistan für gefährlich hält. Denn auch Pakistan leidet unter Terror und kämpft gegen eine eigene Taliban-Bewegung.

Verlieren die USA die Geduld mit Pakistan?


Doch der US-Drohnenangriff auf den afghanischen Taliban-Führer Mansur war anders. Denn es war der erste im pakistanischen Kernland. Die Kampfdrohnen flogen von einem amerikanischen Militärstützpunkt in Afghanistan über die Grenze, feuerten in der pakistanischen Provinz Belutschistan auf das Auto von Mullah Mansur und kehrten über die Grenze nach Afghanistan zurück. Pakistans Innenminister Chaudry Nisar Ali Khan zeigte sich nach ein paar Tagen des Schweigens verständnislos. „Wir verurteilen diesen Drohnenangriff aufs schärfste“, sagte Khan.

Sein Land steht einmal mehr am Pranger. Ist es reiner Zufall, dass nach Al-Kaida-Gründer Osama bin Laden auch Mullah Mansur auf pakistanischem Boden getötet wurde? Ist es reiner Zufall, dass die afghanische Taliban-Bewegung ihren neuen Anführer in der pakistanischen Stadt Quetta bestimmte? Quetta, die Provinzhauptstadt von Belutschistan, gilt als Exil-Heimat vieler Taliban-Größen aus Afghanistan. Und auch Taliban-Gründer Mullah Omar soll in Pakistan gestorben sein.

Friedensprozess in Gefahr?


Noch unmittelbar vor dem tödlichen Drohnen-Angriff auf Mullah Mansur hatte der pakistanische Außenstaatssekretär Aizaz Ahmed Chaudry versichtert, Druck zu machen: "Wir versuchen alles, was in unserer Macht steht, um die Taliban, Haqqani und alle, die wir erreichen können, davon zu überzeugen, an Verhandlungen teilzunehmen."

Doch dessen zerfetztes Auto auf einem pakistanischen Highway sendete zwei Tage später ein klares Signal an Pakistans Machtelite, wie weit der amerikanische Arm reicht. Und wie sehr die USA an Pakistans Vermittlerrolle im afghanischen Krieg zweifeln.


„Der Tod von Mullah Mansur durch den Drohnenangriff am 21. Mai hat die Komplexität des afghanischen Konflikts verstärkt.", sagte der außenpolitische Sonderberater der pakistanischen Regierung, Sartaj Aziz. Seiner Meinung nach habe die Aktion dem Friedensprozess geschadet.

Angst vor ISIS kettet USA und Pakistan aneinander

Pakistan war jahrzehntelang eine Militärdiktatur. Die Außen- und Sicherheitspolitik ist bis heute die Domäne der Generäle. Der mächtige Militärapparat ist vor allem finanziell auf den Partner USA angewiesen. Umgekehrt brauchen die USA den Partner Pakistan, um für stabile Verhältnisse in dieser strategisch so wichtigen Region zu sorgen, in der Atomwaffen stationiert sind.

Doch beide Seiten haben auch rein nationale Interessen. Pakistans Militär will mit Hilfe der afghanischen Taliban verhindern, dass sich in Kabul eine Indien-freundliche Regierung etablieren kann. Die Nachbarländer Indien und Pakistan sind verfeindet. Die Generäle haben Angst davor, eingekesselt zu werden und beobachten mit Sorge, wie sich Indien und der Iran annähern.

Die USA wiederum wollen die afghanischen Taliban an den Verhandlungstisch zwingen, um ihre Truppen abziehen zu können. Das bedeutet für beide Seiten einen permanenten, komplizierten Balanceakt. Was die Betroffenen aneinander kettet ist die Befürchtung, dass die gesamte Region ein Anziehungspunkt für den selbst ernannten Islamischen Staat werden könnte.

Quelle: tagesschau.de


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