Putin sieht Nachbarstaaten im “Fadenkreuz Russlands“

  28 Mai 2016    Gelesen: 397
Putin sieht Nachbarstaaten im “Fadenkreuz Russlands“
Erstmals in diesem Jahr besucht Russlands Präsident ein EU-Land – und erneuert seine Kritik am Westen und Drohungen an die Nachbarn. Athen verspricht er Investitionen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei seinem Besuch in Griechenland scharfe Kritik an der Haltung des Westens im Umgang mit seinem Land geäußert und dabei auch Nachbarstaaten wie Rumänien und Polen davor gewarnt, "ins Fadenkreuz" seines Landes zu geraten. Damit zielte er auf das kürzlich neu ausgeweitete US-Raketenabwehrsystem, das der Kreml von Anfang an als Bedrohung empfindet und das nun auf der rumänischen Militärbasis Deveselu in Betrieb gegangen ist. Sein Land, so Putin jetzt in Athen, werde dadurch gezwungen, zu seiner Sicherheit bestimmte Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Welche das sein sollen, sagte er nicht, betonte aber: "Wir werden nichts tun, bis wir Raketen in Gebieten sehen, die an unsere grenzen."

Nach Darstellung der USA dient der Schirm dem Schutz vor möglichen Angriffen aus dem Iran und richtet sich nicht gegen Russland. Die Nato wiederum bezeichnet das System als rein defensiv und als Reaktion auf die zunehmenden Fähigkeiten ballistischer Raketen weltweit. Putin konterte: "Wir hören immerzu, dass dies keine Bedrohung gegen Russland sei, dass das nicht gegen Russland gerichtet sei. Natürlich ist das eine Bedrohung für uns. Es kann leicht angepasst werden, um aggressive Fähigkeiten zu entfalten", sagte er in Athen. "Und wenn einige Teile Rumäniens gestern nicht wussten, was es bedeutet, Ziele zu sein, werden wir nun gezwungen sein, bestimmte Schritte zu ergreifen, die unsere Sicherheit garantieren werden", fügte er hinzu. Ins Detail ging Putin auch an dieser Stelle nicht.

Putin äußerte sich in Athen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Seit Freitag ist der russische Präsident zu Besuch in Griechenland und damit erstmals auf Staatsbesuch in einem EU-Land seit mehr als einem Jahr. Grund für diese diplomatische Zurückhaltung sind vor allem die Sanktionen der EU gegen Russland, nachdem das Land vor zwei Jahren die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte – ein Kapitel, das Putin "für abgeschlossen" hält, wie er in Athen bekräftigte. "Russland wird mit niemanden über dieses Thema diskutieren."

"Das Kapitel ist abgeschlossen"

Putins griechischer Gastgeber Tsipras wiederum bezeichnete die verhängten Sanktionen des Westens als nicht hilfreich. "Die Lösung besteht im Dialog", sagte er und hat dabei vor allem die traditionell engen Bande zu Moskau im Blick, Bande, die Athen auch künftig aufrechterhalten will – trotz der griechischen Beteiligung an den EU-Strafmaßnahmen und an einem Gaspipeline-Projekt, das Russlands regionale Energiedominanz begrenzen soll.

Dabei geht es auch um die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen, vor allem um Investitionen im Energiebereich. "Wir wollen sichtbare Ergebnisse, nicht nur im Energiebereich, sondern auch bei den neuen Technologien und der Infrastruktur", sagte Putin, der von sieben Ministern und den Chefs der Energiekonzerne Gazprom und Rosneft nach Athen begleitet wird. Bereits am Freitag unterzeichneten beide Seiten wirtschaftliche Kooperationsverträge. Die russische Delegation unterstrich zugleich das Interesse ihres Landes an der Privatisierung der griechischen Eisenbahn und des Hafens von Thessaloniki.

"Ein besonderer Moment für Griechenland"

Tsipras betonte in dem Zusammenhang, Putins Besuch komme nur wenige Tage nach Athens Einigung mit den Geldgebern, um weitere Kredittranchen ausbezahlt zu bekommen. Der dafür vereinbarte Pakt beinhalte auch, dem für die Privatisierungen von Staatsunternehmen zuständigen Komitee weitreichendere Kompetenzen zu geben. "Dies ist ein besonderer Moment für Griechenland, in dem die Unsicherheit aufhört", sagte er und nannte die Verbesserung der Beziehungen zu Moskau eine strategische Wahl. "Wenn die Meinungsverschiedenheiten unsere Kräfte übersteigen, können wir als positiver Einfluss innerhalb der EU und der Nato fungieren."

Quelle : zeit.de

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