Reicher Geschäftsmann in U-Haft: Lieber Apartment als Knast

  03 Juni 2016    Gelesen: 374
Reicher Geschäftsmann in U-Haft: Lieber Apartment als Knast
Ein türkischer Geschäftsmann in den USA möchte lieber in einem Apartment auf seinen Prozess warten - auf eigene Kosten. Bei einem Fluchtversuch würde er auch auf sich schießen lassen.
Reza Zarrab möchte vor einem Gericht in New York Sonderkonditionen für seine Zeit in U-Haft aushandeln. Statt in einer normalen Haftanstalt will der türkische Geschäftsmann mit iranischen Wurzeln lieber in einer bewachten Privatwohnung auf den Beginn seines Prozesses warten.

Laut Zarrabs Anwalt Benjamin Brafman wurde eine Wohnung im 15. Stock eines Hauses in Manhattan bereits als U-Haft-Alternative vorbereitet. Es seien Videokameras und Alarmsysteme installiert worden, um eine Flucht zu verhindern. Zudem sei Zarrab bereit, Wachleute zu bezahlen, zehn Millionen Dollar Kaution zu hinterlegen und zu unterschreiben, dass die Wachen bei Fluchtversuchen auf ihn schießen dürften. Brafman sagte, es bestehe ohnehin keine Fluchtgefahr. Sein Mandant habe allen Grund, seinen Namen von den Vorwürfen reinzuwaschen.

Zarrab war im März am Flughafen von Miami festgenommen worden. Damals war er mit seiner Frau, der Sängerin Ebru Gündes, und seiner kleinen Tochter unterwegs nach Disney World. Von 2010 bis 2015 soll der 32-Jährige der iranischen Regierung dabei geholfen haben, die USA und das internationale Bankensystem zu täuschen. Zusammen mit zwei Komplizen soll er im Auftrag Irans Transaktionen über Hunderte Millionen Dollar getätigt haben, um Sanktionen der USA gegen das Land zu umgehen. Zudem werden Zarrab Bankbetrug und Geldwäsche vorgeworfen.

Entscheidung des Richters steht aus

Staatsanwalt Michael Lockard sagte, Zarrab solle in regulärer U-Haft bleiben. Ein improvisiertes Privatgefängnis könne eine Flucht nicht verhindern. Er zitierte Berichte, wonach die meisten Häftlinge entkommen, während sie außerhalb der Gefängnismauern transportiert werden. Sollte Zarrab einen Fluchtversuch unternehmen, könne dies unbeteiligte Dritte gefährden.

Zarrab könne seinen Reichtum für eine Flucht nutzen. Seine Firmen brächten jedes Jahr elf Milliarden Dollar ein; Zarrab verfüge zudem über ein Flugzeug, besitze mehrere Häuser und eine Jacht.

Zudem bestünde dem Staatsanwalt zufolge bei den Wachen ein Interessenkonflikt: Sollten sie wirklich bei einem Fluchtversuch auf den Mann schießen, der sie bezahlt? Sollte das Gericht den Vorschlag annehmen, würden die Sicherheitsleute zu "vom Häftling bezahlten Wachen", so die Anklagevertreter. Ganz abgesehen davon stelle sich die Frage, ob reiche Beschuldigte anders behandelt werden sollten als arme.

2013 wurde Zarrab in der Türkei wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen. Damals hieß es, er habe Regierungsmitarbeiter geschmiert, um Transaktionen zugunsten Irans zu bewirken. Die Anklage wurde fallen gelassen. Präsident Erdogan hatte die Sache damals als einen versuchten Staatsstreich seiner politischen Feinde dargestellt. Mehrere Ermittler wurden von dem Fall entbunden, Polizisten versetzt.

Dies könnte Zarrab nun zum Verhängnis werden. Die Sache in der Türkei zeige, dass er sogar vor einer Neuorganisation der türkischen Staatsanwaltschaft und Polizei durch Bestechung nicht zurückschrecke, um freizukommen, hieß es von der Staatsanwaltschaft.

Wessen Argumentation Richter Richard Berman in New York folgt, ist unklar. Er hörte sich den Vortrag beider Parteien an, will aber erst in den kommenden zwei Wochen entscheiden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein reicher Angeklagter bei 24-Stunden-Bewachung privat untergebracht wird. Im vergangenen Jahr schaffte es Anwalt Brafman, für einen chinesischen Milliardär Bedingungen zu erreichen, wie sie nun auch Zarrab will: Der damalige Mandant wurde wegen seiner Verstrickung in einen Korruptionsfall festgenommen; das Verfahren hat noch nicht begonnen.

Auch Anlagebetrüger Bernard Madoff durfte nach seiner Festnahme im Dezember 2008 noch monatelang in seiner Wohnung leben - ebenfalls unter Bewachung. Inzwischen sitzt Madoff, der Anleger um Milliarden Dollar brachte, im Gefängnis.

Quelle : spiegel.de

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