Triumphzug für katalanischen Separatistenführer
Ziviler Ungehorsam
Von der Staatsanwaltschaft wird Artur Mas ziviler Ungehorsam, Rechtsbeugung, Amtsanmassung und die Unterschlagung öffentlicher Gelder zur Last gelegt: Mas hatte in Katalonien am 9. November 2014 ein Unabhängigkeits-Referendum durchführen wollen. Nach dem Verbot durch das spanische Verfassungsgericht hatte er zu einer unverbindlichen Volksbefragung aufgerufen. Diese war von den Richtern ebenfalls für illegal erklärt worden. Sie fand aber mit der Hilfe von mehr als 40 000 Freiwilligen dennoch statt. Die Regionalregierung, die die Auflage hatte, sich nicht an der Organisation zu beteiligen, informierte über die Abstimmung und stellte Schulen als Wahllokale bereit. Dazu seien unrechtmässig öffentliche Mittel eingesetzt worden, wirft die Justiz Artur Mas vor. Mehr als 80 Prozent der Katalanen hatten sich damals für eine Ablösung von Spanien ausgesprochen. Es nahm allerdings weniger als die Hälfte aller Stimmberechtigten teil.
Auftrieb für Separatisten
Mas und die katalanische Regionalregierung halten die Ermittlungen der Justiz für politisch motiviert und sehen die Zentralregierung in Madrid, die gegen die Loslösungsbestrebungen ist, hinter dem Verfahren. Nach seiner Vernehmung erklärte Mas denn auch der Presse, die Ermittlungen seien aus Wut über den Erfolg der Volksbefragung eingeleitet worden. Er habe damals dem Wunsch der Bevölkerung entsprochen, in der Unabhängigkeitsfrage konsultiert zu werden. Dafür übernehme er die volle politische Verantwortung. Die Organisation und der Ablauf der Befragung allerdings hätte nach dem Verdikt des Verfassungsgerichts in den Händen von Freiwilligen gelegen.
Als Ersatz für die verbotene Volksbefragung hatte Mas im September plebiszitäre Regionalwahlen abhalten lassen. Dabei erhielten das separatistische Bündnis um seine Regierungspartei Convergència Democratica de Catalunya gemeinsam mit der ebenfalls separatistischen, linksradikalen Gruppierung CUP zwar die absolute Mehrheit der Sitze, aber nicht die der Stimmen. An seinem Fahrplan, der die Region in 18 Monaten in die Unabhängigkeit führen soll, will Mas dennoch festhalten. Das Ermittlungsverfahren könnte nun auch Konsequenzen für die Regierungsbildung haben, die sich bisher als überaus schwierig gestaltet. Insofern kommt Artur Mas die Vorladung durchaus gelegen. Die antikapitalistische CUP nämlich, die mit seinen bürgerlichen Nationalisten nur den Wunsch nach Unabhängigkeit teilt, hatte ihn als Regierungschef zunächst strikt abgelehnt. Die Linksradikalen halten ihn wegen seines zuvor verfolgten Sparkurses und des Vorwurfs der Korruption für untragbar. Aus Solidarität mit dem Beschuldigten, dem bei einer Verurteilung neben Haftstrafen auch ein Amtsverbot droht, könnten sie ihre Meinung nun ändern. Das Verfahren eint die Separatisten in Katalonien und verschärft gleichzeitig die Spannungen im Land. Kataloniens Sozialisten beklagten am Donnerstag die juristische Instrumentalisierung eines politischen Konflikts. Sie forderten Madrid auf, den Rechtsstreit beizulegen und sich vielmehr um eine konstruktive Lösung für den Verbleib Kataloniens in Spanien zu bemühen.