Jetzt wüten auch die Finnen gegen den Euro

  06 Juni 2016    Gelesen: 806
Jetzt wüten auch die Finnen gegen den Euro
Finnland hat als nächstes Euro-Land sein AAA-Rating verloren. Während der Kreis der Euro-Streber schmilzt, haben viele Finnen einen Schuldigen für die wirtschaftliche Misere längst gefunden.

Jetzt ist es passiert. Der Abstieg von Europas einstigem Musterschüler ist offiziell. Finnland verliert die Bestnote AAA und gehört damit nicht länger zum inzwischen nur noch kleinen Kreis der Euro-Zonen-Länder mit Top-Bonität. Mit Moody`s hat jetzt auch die letzte der drei führenden Ratingagenturen den Glauben an die AAA-Würdigkeit der Finnen verloren. Die Kollegen von Standard & Poor`s hatten bereits vor knapp zwei Jahren dieses Urteil gefällt. Fitch zog im März dieses Jahres nach.

Grund für die aktuelle Herabstufung seien das schwache Wirtschaftswachstum und die wachsende Verschuldung des Landes, erklärten die Bonitätswächter. Finnland stehe vor "immensen ökonomischen Herausforderungen". Die Schuldenlast werde in den kommenden fünf Jahren weiter ansteigen.

In der Tat befindet sich das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Nach drei harten Jahren der Rezession, in denen die Ökonomie um insgesamt drei Prozent schrumpfte, gab es auch 2015 lediglich ein minimales Wachstum von 0,5 Prozent.

Finnlands Rechtspopulisten verweisen auf Schweden

Schuld daran, das glauben immer mehr Finnen, ist der Euro. Unterstützt wird das von einer zum Teil offen Euro-feindlichen Regierungskoalition. So hat beispielsweise Außenminister Timo Soini, Rechtspopulist und EU-Gegner, erklärt, dass sein Land niemals der Währungsunion hätte beitreten dürfen. Stattdessen wäre es besser gewesen, wie in früheren Wirtschaftskrisen den einfachen Weg zu gehen und die Währung schlicht abzuwerten. Sein Fazit: Der finnischen Nation ginge es dann besser als mit dem Euro.

Mit einer Mischung aus Neid, aber auch Wut verweisen die finnischen Rechtspopulisten auf den Nachbarn Schweden. Der hat sich von der großen Finanzkrise 2009 viel besser erholt. Während die Wirtschaftsleistung der Finnen noch immer rund sechs Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau liegt, haben die Schweden den Einbruch längst hinter sich gelassen. Die Ökonomie ist zehn Prozent größer als vor dem Absturz von 2008. Dieser Unterschied könne nur am Euro liegen, der wie eine Art Zwangsjacke jede wirtschaftliche Erholung erschwere.

Auch Franzosen gehen auf Distanz zum Euro und zu Europa

Die Währungsdiskussion tobt derzeit auf dem gesamten Kontinent. Auch die Franzosen gehen zunehmend auf Abstand zur Gemeinschaftswährung und Europa. Dem Euro lasten sie ihr anämisches Wirtschaftswachstum und die hohe Arbeitslosigkeit an. Nur 23 Prozent der Franzosen glauben, dass der Euro ihnen Vorteile gebracht hat.

Naturgemäß nähren besonders die Rechtspopulisten um den Front National die kritische Stimmung gegenüber Europa. Auch sie finden immer eine Erklärung, warum die Gemeinschaftswährung der Grande Nation das Spitzenrating AAA genommen habe. Die zweitgrößte Volkswirtschaft hat ihren Top-Status vor drei Jahren endgültig verloren, weil sich die Schuldenquote der Marke von 100 Prozent nähert. Die regierenden Sozialisten unternehmen aber auch zu wenig an Reformen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.


Die Liste der AAA-Opfer ist lang. Spanien verlor sein Spitzenrating, das es allerdings auch nur durch den Euro gewonnen hatte, endgültig im Jahr 2012. Auch Irland, das in der Euro-Krise vor dem Bankrott gerettet werden musste, war einst Mitglied im elitären Bonitätsklub.

Die Ratingabstufungen offenbaren einen wichtigen Konstruktionsfehler des Euro. In den Zeiten vor der Einführung der Währungsunion konnten die Nationen durch eine flexible Abwertung der eigenen Währung Krisen abmildern. Einige Regierungen nutzen das Instrument sogar gezielt, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, ohne die Bevölkerung mit harten Reformen strapazieren zu müssen.

Besonders virtuos waren darin die Italiener. Sie werteten zwischen 1971 und dem Euro-Start ihre Lira zur D-Mark um insgesamt mehr als 80 Prozent ab. Allerdings gehörten sie auch vor der Euro-Einführung nicht zur Finanzelite der Staatsschuldner.

Die spanische Peseta verlor über den gleichen Zeitraum 75 Prozent an Wert. Aber auch die Franzosen setzten ihren Franc immer wieder geschickt als Instrument ihrer Industriepolitik ein. Bis in die 1980er-Jahre wurde er zur starken D-Mark regelmäßig abgewertet, wodurch die einheimische Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil bekam. Zwischen 1971 und dem Mauerfall 1989 verlor die französische Währung mehr als die Hälfte ihres Wertes.

Finnland leidet nicht nur unter dem Euro

In Zeiten eines gemeinsamen Währungsraumes geht das nicht mehr. Ähnlich wie in Finnland würden es auch viele Franzosen gern sehen, ihre Ökonomie mit dieser scheinbar schmerzlosen Methode aufzupäppeln. Wer im Euro-Raum mithalten will, braucht tief greifende Reformen, die keine Bevölkerung dieser Welt mit großer Begeisterung hinnimmt. Nicht zuletzt deshalb haben nur wenige Regierungen der Währungsunion solche Prozesse angefangen. Stattdessen blieben Ländern wie Frankreich, Spanien oder jetzt auch Finnland nur schuldenfinanzierte öffentliche Konjunkturprogramme.

Finnland leidet, allerdings nicht nur unter dem Euro. Die Wirtschaft des Nordlandes verzeichnete mit dem Untergang von Nokia, dem Niedergang der Papierindustrie sowie den Sanktionen gegen den engen Handelspartner Russland gleich einen dreifachen Schlag, von dem es sich bis heute nicht erholt hat. Ökonomen sprechen von einem asymmetrischen Schock, den ein Euro-Land nicht allein abfedern kann.

In den 1990er-Jahren mussten die Finnen schon einmal eine schwere Krise meistern. Damals werteten die Finnen ihre Währung ein Drittel zur D-Mark ab und waren nach zwei harten Jahren wieder aus der Malaise. Der starre Euro macht das unmöglich. Das erklärt, warum im Euro-Raum mit Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg nur noch drei Nationen das berühmte Triple A haben. Alle drei Staaten sind extrem wettbewerbsfähig, was sich in den zum Teil horrenden Handelsüberschüssen spiegelt.

Wie sehr EU- und Euro-Verdrossenheit in vielen Ländern zuletzt an Dynamik gewonnen haben, zeigt die vor wenigen Tagen veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Auf die Frage, welches Land "am schlechtesten" wegkomme, nannten Befragte in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden und Finnland jeweils das eigene Land am häufigsten.

Vier Nationen ohne Euro noch mit AAA

Bestätigt fühlen sich die Euro-Kritiker auch beim Blick auf die übrig gebliebenen AAA-Nationen in Europa. In diesem inzwischen überschaubaren Kreis befinden sich mit Großbritannien, Schweden, der Schweiz und Norwegen gleich vier Nationen, die dem Euro entsagen.

Allerdings dürften im Falle Norwegens auch die üppig sprudelnden Öleinnahmen und bei der Schweiz ihre Sonderrolle als krisenfester Finanzplatz eine gewichtige Rolle spielen.
Der Euro allein ist fast nie ausschlaggebender Faktor – weder für wirtschaftlichen Erfolg noch für den Misserfolg eines Landes.

Quelle: n24.de



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