Metallica: Alle töten!

  11 Juni 2016    Gelesen: 767
Metallica: Alle töten!
Mit ihrem Debüt-Album "Kill Em All" starteten Metallica Anfang der Achtzigerjahre ihre spektakuläre Karriere. Nun werden der Klassiker und das Nachfolgewerk "Ride the Lightning" als monumentale Deluxe-Kästen wieder aufgelegt.

Der Plan war, dass aus Lars Ulrich mal ein Tennisstar wird, so wie sein Vater Torben Ulrich und sein Großvater Einer Ulrich, die einst bei Grand-Slam-Turnieren und Olympiaden für Aufsehen sorgten. Um diese Familientradition weiterzuführen wurde der Junior als Teenager also von Dänemark nach Kalifornien in ein Tennis-Elite-Institut verschickt. Dummerweise war ihm Tennis nach vielversprechenden Anfängen bald ziemlich egal. Zumindest sehr viel weniger wichtig als Rockmusik. Woran wiederum sein Tennis-As-Vater Torben Schuld war, der Lars 1973 in Kopenhagen mit zu einem Deep-Purple-Konzert genommen hatte, dass den Neunjährigen so nachhaltig euphorisierte, dass er seine Großeltern anschließend beschwatzte ihm ein Schlagzeug zu spendieren.

In Kalifornien drosch er dann lieber auf sein Drum-Set ein als auf Tennisbälle. Eines Tages, Anfang der Achtziger, schaltete Ulrich dann eine Kleinanzeige um gleichgesinnte Rocker für eine Band zu rekrutieren. Unter anderem antwortete ihm da ein gewisser James Hetfield und der Rest ist bekanntermaßen Geschichte. Die Superlative und Ausrufezeichen, die die Donner-Rocker von Metallica im Laufe ihrer nun auch schon 35 Jahre währenden Karriere setzten, füllen einen langen und eindrucksvollen Wikipedia-Eintrag. Kurzgesagt gehören Metallica zu den erfolgreichsten und einflussreichsten Bands aller Zeiten.
Die rohe und lustvolle Energie euphorisierte eine ganze Generation

Aber jenseits aller Bestmarken elektrisierten Metallica in den frühen Achtzigerjahren mit ihrer ersten beiden Alben "Kill Em All" und "Ride the Lightning" das Rock-Genre wie keine andere Band. Die rohe und lustvolle Energie, mit der sie da loslegten, euphorisierte eine ganze Generation. Metal-Fans die ähnlich konservativ und kompromisslos sind wie Klassikhörer, mögen darüber streiten, ob Metallica nun dem Thrash- oder doch dem Heavy Metal zuzurechnen sind.

Fest steht, dass sie wie ein Orkan in die Musikwelt rauschten. Damals war dem Metal der Biss abhanden gekommen. Allerlei zahme Deep-Purple-Ableger wie Rainbow, Gillan oder Whitesnake geisterten durch die Charts. In den USA legten Hair-Metal-Bands wie Skid Row, Bon Jovi und Mötley Crüe los, denen ihre Fönfrisuren mindestens so wichtig waren wie ihre Songs und die Dank MTV ein großes Publikum fanden.

Zum Ende der Siebziger hin hatte noch die sogenannte New Wave Of British Heavy Metal, kurz NWOBHM, die Puppen wilder tanzen lassen, also Bands wie Iron Maiden, Def Leppard, Saxon oder Diamond Head. Alles Musik, die den jungen Lars Ulrich packte. Er wollte den Sound dieser wüsten Briten übernehmen und mit noch viel mehr Wucht, Wut und Wahnsinn aufpumpen, was ihm mit Metallica gelang.

Dann fügte er noch viel mehr Volumen, Geschwindigkeit und Präzision hinzu. Die Wut übernahmen Metallica vom Punk, auf den sich James Hetfield explizit bezog: "Die Punk-Texte sprachen mich an, da ging es um mich, mit Heavy-Metal-Texten über Ritter mit Schwertern konnte ich nie etwas anfangen."

Die klangtechnisch aufgemöbelten Originalalben klingen fabelhaft

"Metal Up Your Ass" sollte das Metallica-Debüt eigentlich heißen; der Cover-Entwurf zeigte eine Toilette, aus der eine Faust mit einem Dolch ragt, was allerdings bei dem Vertrieb auf so wenig Gegenliebe stieß, dass die Band auf das familienfreundlichere "Kill Em All" umschwenkte. Jedenfalls wurde das erste Metallica-Album bei Erscheinen zu einem Ereignis; ihre virtuose Verzahnung von Thrash Metal und Punk definierte einen frischen Sound und wurde ein Multi-Millionen-Erfolg. Nun wurden "Kill Em All" und der ausgereiftere Nachfolger "Ride The Lightning" als monumentale Deluxe-Boxen neu aufgelegt.

Die sind zwar etwas kostspielig, aber mit Liebe zum Detail ausgestattet, woran man merkt, dass die verantwortlichen Künstler selbst noch Platten sammeln und Fans geblieben sind. Die beiden bleischweren und selbstverständlich limitierten Kästen sind mit diversen Vinyl-Platten, CDs, DVDs, Büchern, Postern und allerlei Fan-Schnickschnack ausstaffiert.

Die klangtechnisch aufgemöbelten Original-Alben klingen fabelhaft auf Vinyl. Auch die jeweils beigepackten unveröffentlichten Konzerte aus jenen Jahren sind gut anzuhören. Dazu kommen Demo-Aufnahmen aus dem Archiv von Lars Ulrich, Picture-Disc-Vinyl Platten und schnieke opulente Bücher. Metallica-Fans sollten diese Kästen glücklich machen und vermutlich dürften diese Sammlerstücke irgendwann vergriffen sein.
Es bleibt auch die Erkenntnis, dass die Platten würdevoll gealtert sind, auch in diesem Jahrtausend noch so furios krachen wie zur Zeit ihrer Entstehung und immer noch ein junges Publikum beeindrucken dürften.

Wie viel Wucht noch in den dafür verantwortlichen Rockern steckt, wird sich im Herbst zeigen, wenn das zehnte Metallica-Album erscheinen soll. Für Tennis habe er schon lange keine Zeit mehr, sagte Lars Ulrich mal. Aber dafür spielen seine Kinder.


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