Doch all diese Zufallsgeneratoren wirken klein und bescheiden im Vergleich zu dem Würfelkoloss, den Henry Segerman aus seinem Rucksack kramt. D120 heißt das Gerät, und es hat 20 Mal mehr Seiten als ein normaler Würfel - nämlich 120. Das D im Namen steht dabei für Dice (englisch: Würfel).
Segerman ist als Gastredner auf dem International Geometry Summit in Berlin und präsentiert den von ihm mit entwickelten 120er Würfel nun auch in Deutschland. Fünf Zentimeter Durchmesser, 95 Gramm schwer - das sind die Eckdaten des D120, für den es noch nicht einmal ein passendes Spiel gibt - zumindest vorerst nicht.
Dem Würfel verpflichtet
Doch Segerman stört das wenig. "Ich interessiere mich für mathematisch spannende Würfel", sagt er. Eine konkrete Anwendung sei da erst einmal zweitrangig. Der Mathematiker von der Oklahoma State University ist ein Geometrie-Nerd. Auf seinen T-Shirts prangen abstrakte Figuren, deren Namen nur Fachleute kennen. Seine Webseite zeigt Fotos faszinierender Objekte, die 3D-Drucker fabriziert haben.
Es gibt keinen größeren Würfel
Mit dem 120er Würfel liebäugelt Segerman schon seit mehreren Jahren. Mit der Firma Dice Lab produzieren Segerman und sein Kollege Robert Fathauer bereits diverse Würfel, darunter auch einen mit 60 Seiten (D60) und solche mit verblüffend schiefen Linien - siehe Fotostrecke oben.
Der D120 aber ist das Meisterstück der beiden. Er ist gewissermaßen die Krone der Würfelschöpfung, denn es gibt keinen vergleichbaren Würfel mit mehr als 120 Seitenflächen. Das ist mathematisch bewiesen.
"In Prismaform sind noch größere Zahlen möglich - aber nur theoretisch", sagt Segerman. Denkbar wäre beispielsweise ein Zylinder, dessen runde Außenfläche so beschliffen wird, dass aus der kreisförmigen Grundform die eines regelmäßigen 140-Ecks entsteht. Die 140 Seitenflächen wären aber dann so schmal, dass man Probleme hätte, darauf Zahlen unterzubringen.
Die dem D120 zugrundeliegende Form, den sogenannten Disdyakistriakontaeder oder Hexakisikosaeder, kennen Mathematiker schon lange. Der Catalanische Körper hat 62 Ecken und 180 Kanten. Die Außenfläche besteht aus 120 spitzen, nahezu rechtwinkligen Dreiecken, die zueinander kongruent sind. Identisch geformte Außenflächen sind eine wichtige Bedingung für einen fairen Würfel, bei dem keine Seite bevorzugt ist.
Doch industriell hergestellt hat einen solchen 120-Flächner noch niemand, erzählt Segerman. "Ein Problem ist, dass der Würfel nicht zu groß werden darf, sonst wird er zu teuer und es kann Probleme bei der Herstellung geben." Der D120 besteht, wie andere Würfel auch, aus massivem Kunststoff.
Gequetschte Einsen
Als Segerman und sein Kollege Robert Fathauer die Idee umsetzen wollten, stießen sie auf zwei Herausforderungen. Zum einen sind die 120 Seitenflächen zwangsläufig ziemlich klein, was das Eingravieren der Zahlen erschwert. Die Ziffer 1 vorn bei dreistelligen Zahlen mussten die Entwickler deshalb zusammenquetschen.
Zum anderen sollten die 120 Zahlen über den Würfel möglichst gleichmäßig verteilt sein. Leicht umzusetzen dabei war die Forderung, dass die Augenzahlen zwei genau gegenüberliegender Flächen in Summe genau 121 ergeben. Beim klassischen Würfel ist es übrigens genauso - hier ist die Summe gegenüberliegender Seiten stets 7.
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