Von der Leyen: „Das ist Russlands schwächste Stelle“

  25 Juni 2016    Gelesen: 752
Von der Leyen: „Das ist Russlands schwächste Stelle“
Die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen setzt gegenüber dem Kreml auf Abschreckung – und macht Österreich ein Angebot, das die Neutralität berühren könnte.
Es ist eine Tour d`Horizon über die Wirren der Weltpolitik: Sie führte Deutschlands Verteidigungsministerin, Ursula von der Leyen, bei ihrem Vortrag in Wien am Dienstag vom „vereinigten, aber ungeeinten“ Europa zum Krisenbogen im Süden und Osten, der bis Afghanistan reicht. Auch die Flüchtlingskrise war Thema, die an der Stabilität einiger Balkanstaaten rüttle und in der mit Mali ein Transitland in Afrika zerfallen könne.

Gegenüber Österreich verkneift sich die CDU-Politikerin jede offene Kritik wegen der angedrohten Brenner-Schließung. Der Blick müsse zuerst aber auf Italiens Außengrenze gerichtet werden. So weit, so diplomatisch.

Russische „Respektlosigkeit“

Dann kommt die Sprache auf Russland. Die zierliche Politikerin aus Niedersachsen formuliert nun scharfe Kritik. Russland denke in Einflusssphären. Es zeige eine Respektlosigkeit gegenüber nationaler Souveränität. Mit Blick auf das Baltikum und Polen, wo wegen der Ukraine-Krise eine Verunsicherung um sich greift, sagt sie: „Man muss Russland deutlich machen, dass es nicht im Traum daran denken soll, Nato-Gebiet nur zu touchieren.“ Abschreckung also.

Wie zuvor bekannt wurde, erwägt Deutschland, sich an der Aufrüstung der Nato-Ostflanke zu beteiligen, ein Bataillon des Bündnisses in Litauen anzuführen oder zumindest eine Kompanie zu entsenden. Mit Moskau müsse man zwar zugleich reden, sagt sie. Von der Leyen spricht Russland aber indirekt ab, was sie als „Sinn und Motor“ Europas ausmacht: nämlich über eine offene Gesellschaft und eine moderne Wirtschaft zu verfügen. Denn dazu gehöre „die Akzeptanz, dass permanent Einflüsse von außen kommen. Das bedeutet auch Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und mit Kritik. Das hat Russland immer weniger zugelassen. Das ist die schwächste Stelle.“

Vielleicht zielt ihre Russland-Kritik auch auf die Sanktionsskeptiker in Wien, zumal im Sommer die Verlängerung der Strafmaßnahmen ansteht und ihrer Rede im Haus der Industrie auch Militärs folgen. Von der Leyen, die in Brüssel aufgewachsene, glühende Europäerin, will nun die Militärkooperation in Europa vorantreiben, die Instrumente der Gemeinsamen Verteidigungspolitik ausschöpfen – auch wenn der gemeinsame europäische Weg „mühsam, zäh, frustrationsbeladen“ sei. Mit den niederländischen Streitkräften gibt es bereits eine Kooperation, die sie absichtsvoll „so gebaut hat, dass sie sich nicht mehr entwirren lässt“.

In der Nato soll das Konzept der „Framework Nations“ militärische Fähigkeiten spezialisiert bündeln. Dabei bilden mehrere Staaten Cluster, in die sie „verlässlich, konkret, dauerhaft verpflichtend ihre Anteile einbringen“. Das soll auch die USA entlasten, die noch immer den Hauptteil der Nato-Last schultern. Von der Leyen mahnt schon lange eine stärkere Rolle Deutschlands in internationalen Krisen ein. Deutsche Tornados fliegen über Syrien, die Peschmerga kämpfen im Nordirak mit deutschen Waffen.

Von der Leyens Rede endet mit einem Angebot, von dem am Vortag beim Treffen mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil keine Rede war: Österreich sei „prädestiniert“, sagt sie, sich als erstes Nicht-Nato-Land an dem „Framework Nations“-Konzept zu beteiligen. Im Verteidigungsministerium wird der Vorschlag nun strengstens geprüft, wie es gegenüber der „Presse“ heißt. Denn ein Beitritt könnte die Neutralität verletzen.

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