In einigen Städten hat sich die Lage bereits zugespitzt. Hier drohen schon jetzt Fahrverbote und Straßensperrungen für Diesel-Fahrzeuge. Das komme dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, zufolge einem lahm legen dieser gleich. München könnte nach Angaben der FAZ die erste Kommune sein, in der diese verordnet werden. Das dortige Verwaltungsgericht habe dem Freistaat Bayern in der vergangenen Woche eine Frist von einem Jahr gesetzt, um die Grenzwerte zur Luftreinhaltung in München einzuhalten.
„Der Deutsche Städtetag macht dafür die Autohersteller verantwortlich“ berichtet die Zeitung. Aus seiner Sicht bedeute der Diesel-Skandal, dass die Kalkulation der zu erwartenden Luftbelastung für die Städte angesichts falscher Angaben zur Diesel-Abgasnorm obsolet geworden seien und deshalb die Grenzwerte in vielen Gebieten dauerhaft überschritten würden. Zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinhaltung, die über die ohnehin schon vorhandenen Verkehrsumleitungen, Fahrradwege oder zusätzlichen Angebote im öffentlichen Nahverkehr hinausgingen, könnten daran nichts ändern.
Eine Schuld der Städte sieht Derby daher nicht. Ihm zufolge seien ihre Maßnahmen zur Einhaltung der Stickoxidwerte sehr weitreichend. Anders als bei den Grenzwerten für Feinstaub hätten es die Städte gar nicht in der Hand, die Stickoxidbelastung so zu verringern, das die Grenzwerte überall in Deutschland eingehalten werden. „Dass das Ziel dennoch nicht erreicht wird, liegt daran, dass dort, wo die Emissionen entstehen, nämlich in den Motoren, nicht die Verbesserungen eingehalten worden sind, die mit Normen wie der Euro 6 vorgegeben waren“, zitiert ihn die Zeitung. Ein Ausweg könne daher nur gemeinsam mit der Industrie erreicht werden. „Die Autoindustrie muss konkrete Lösungen anbieten“, so Derby.
Neben falschen Abgaswerten wird die steigende Zahl an Fahrzeugzulassungen in den vergangenen Jahren für die Misere verantwortlich gemacht. Für den deutschen Markt verwies der VDA erst kürzlich auf eine insgesamt starke Diesel-Nachfrage in den ersten fünf Monaten dieses Jahres: Mehr als 656 000 Neuzulassungen in der Bundesrepublik bis Ende Mai markierten einen neuen Höchststand.
Der Deutsche Städtetag forderte von der Bundesregierung bereits im Februar, das Problem durch „anspruchsvolle Vorgaben zur Reduzierung der Emissionen an der Quelle“ anzugehen. Also durch strengere Abgasnormen für Autos. Denn die für Diesel-Pkw verbindlich vorgeschriebene Euro-6-Norm reiche nicht aus.
Für die Kommunen geht es jetzt nicht nur um drohendes Chaos auf ihren Straßen, sondern vor allem um viel Geld, berichtet die Zeit. „Halten sie die europäischen Grenzwerte nicht ein, könnte der Europäische Gerichtshof sie zu mehreren Hunderttausend Euro Strafe verurteilen – pro Tag.“
In Frankreich versucht man der Lage ebenfalls Herr zu werden. Motorisierte Fahrzeuge werden auf den Champs-Elysées jeden ersten Sonntag pro Monat verboten. Die Maßnahme ist ein Teil des Plans der Pariser Bürgermeisterin Hidalgo, um die Luftverschmutzung reduzieren. Dazu sollen ab 2020 auch Diesel-Autos von den Straßen der französischen Hauptstadt verschwinden.
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