Bei Todesstrafe enden EU-Beitrittsgespräche

  19 Juli 2016    Gelesen: 659
Bei Todesstrafe enden EU-Beitrittsgespräche
Die Überlegungen in der Türkei, die Todesstrafe wiedereinzuführen, stoßen in Europa auf entschlossenen Widerstand. Für Deutschland wären dann die EU-Beitrittsverhandlungen tot. Warnungen gibt es auch von US-Seite.
Die Bundesregierung schließt eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union bei Wiedereinführung der Todesstrafe aus. "Wir lehnen die Todesstrafe kategorisch ab. Ein Land, das die Todesstrafe hat, kann nicht Mitglied der Europäischen Union sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Zugleich bezeichnete er die Überlegungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für eine Rückkehr zur Todesstrafe als "besorgniserregend". Die Todesstrafe wurde in der Türkei seit 1984 nicht mehr vollstreckt. Seit 2004 ist sie gesetzlich abgeschafft.

Zudem hat sich die Türkei über Zusatzprotokolle zur Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet, die Todesstrafe nicht mehr anzuwenden. Die Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei kommen seit längerer Zeit nur mühsam voran.

Seibert sagte: "Die EU ist eine Wertegemeinschaft und eine Gemeinschaft, die sich darauf geeinigt, dass die Todesstrafe außerhalb ihrer Werte liegt." Die Wiedereinführung würde "folglich das Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten". In Europa vollstreckt aktuell nur Weißrussland die Todesstrafe.

Lammert spricht von Tragödie

Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte, jeder türkische Parlamentsabgeordnete müsse wissen, "dass die politische Instrumentalisierung der Justiz wie die Einführung der Todesstrafe das Ende der Beitrittsperspektive des Landes zur Europäischen Union bedeutet". Dem Parlament in Ankara komme in dieser Situation eine doppelte Verantwortung zu - nach innen wie nach außen. Die eigentliche Tragödie des gescheiterten Putsches in der Türkei besteht nach den Worten des CDU-Politikers darin, "dass die gewaltsame Ersetzung einer gewählten Regierung durch ein Militärregime durch die bemerkenswerte Zivilcourage von vielen tausend Menschen verhindert wurde und die Beseitigung von Demokratie und Rechtsstaat nun vom gewählten Staatspräsidenten selbst betrieben zu werden scheint".

Unions-Fraktionschef Volker Kauder plädierte dafür, die Gesprächskanäle mit der Türkei offen zu halten. So lange die Todesstrafe nicht eingeführt sei, "müssen wir mit der Türkei reden", meinte der CDU-Politiker im ZDF. "Man darf es der Türkei auch nicht zu leicht machen", sagte Kauder zur Begründung. Man müsse jetzt sehen, "wie sich die Türkei entwickelt".

Kerry: Türkei soll nicht zu weit gehen

Nach Ansicht von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kommt es darauf an, dass in der Türkei das Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaat bei der Aufarbeitung des Putsches gilt. Er wünsche sich, dass die gezeigten Gemeinsamkeiten im Parlament bei der Ablehnung einer neuen Militärdiktatur auch bei der juristischen Aufarbeitung gezeigt würden, sagt Steinmeier beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.

US-Außenminister John Kerry ruft die türkische Regierung dazu auf, bei der Wiederherstellung von Recht und Ordnung nicht zu weit zu gehen. "Wir rufen die Regierung nachdrücklich dazu auf, ruhig zu bleiben, an der Rechtsstaatlichkeit festzuhalten und die demokratischen Institutionen zu respektieren", sagt Kerry ebenfalls in Brüssel.

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