Vor dem Geisterhaus stehen zwei Grablichter

  21 Juli 2016    Gelesen: 518
Vor dem Geisterhaus stehen zwei Grablichter
Vor einem Jahr verschwand Familie Schulze. Der Vater wurde kurz darauf tot aus der Elbe gezogen. Von Frau und Tochter fehlt jede Spur. Zur Ruhe kommen weder Familienangehörige noch Nachbarn.
Wenn ihr Hund im Wald zu lange an einer Stelle schnuppert, bekommt sie Angst. "Ich will nichts finden", sagt die Frau mit dem großen blonden Labrador am Deich von Drage. Sie kommt gerade von einem Spaziergang an der Elbe zurück. Wald gibt es hier, 35 Kilometer elbaufwärts vom Hamburger Hafen, nicht nur landeinwärts, sondern auch direkt am Fluss. Dem Fluss, an dessen Ufer vor einem Jahr die Leiche eines Dorfbewohners angespült worden ist. Die Leiche von Marco Schulze, der vermutlich vorher Frau und Tochter ermordet und ihre Leichen versteckt hat.

Marco Schulze, Sylvia Schulze, Miriam Schulze. Die drei Namen haben vergangenen Sommer ganz Deutschland vor ein Mysterium gestellt. Am 22. Juli 2015 war der Vater das letzte Mal lebend gesehen worden. Er hatte die Mülltonne vor die Tür gestellt. Eine Woche später trieb seine Leiche am Ufer der Elbe, an den Beinen ein 20 Kilogramm schwerer Betonklotz. Die Polizei vermutet, dass sich der Familienvater damit von der Brücke bei Lauenburg in den Fluss gestürzt hat. Der Ort liegt etwa 25 Kilometer von Drage entfernt.

Die Polizei vermutet außerdem, dass es sich bei dem Drama um einen sogenannten erweiterten Suizid handelt: dass Marco Schulze erst seine Frau Sylvia (43) und seine Tochter Miriam (12) umbrachte, bevor er sich selbst das Leben nahm. Auf alle anderen denkbaren Erklärungen für das Verschwinden von Mutter und Kind, zum Beispiel das Absetzen ins Ausland, gebe es keinerlei Hinweise. Die Hinweise, die die Polizei hat, sprechen sogar eher dagegen: Papiere und Portemonnaies waren im Haus, als die Beamten die Tür öffneten – gerade so, als seien die drei nur eben zu einem Spaziergang an die Elbe aufgebrochen.

Doch wo die Leichen der beiden liegen könnten, dafür hat die Polizei ebenfalls keine Anhaltspunkte. Mit Sonarbooten und Hubschraubern, Tauchern und Hunde hatten Spezialisten immer wieder nach den Vermissten gesucht. Ohne Erfolg. Die beiden blieben verschwunden, einfach so. Im Fall der vermissten Peggy aus Thüringen hat es 15 Jahre gedauert, bis ihre Eltern Gewissheit hatten, was mit ihrer Tochter passiert ist: Anfang Juli dieses Jahres hat ein Pilzsammler Skelettteile des kleinen Mädchens in einem Wald 15 Kilometer von ihrem Wohnort entdeckt. Peggy war seit Mai 2001 verschwunden.

Quelle : welt.de

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