Was hat es mit der Facebookseite von Selina Akim auf sich?
Über Twitter und Facebook kursieren seit Freitagabend Screenshots einer ominösen Facebookseite unter dem Namen Selina Akim, Wohnort Starnberg. "Kommt heute um 16 Uhr zum Meggi am OEZ ich spendiere euch was, wenn ihr wollt, aber nicht zu teuer", steht dort. Und: "Wen sieht man heute alles um 16 Uhr im Meggi neben OEZ? Ich kann auch gerne spendieren."
"Meggi am OEZ" soll wohl für McDonald`s am Olympia Einkaufszentrum stehen - dem Tatort des Amoklaufs in München. Wollte der Täter so gezielt türkische Jugendliche anlocken? Es gebe Hinweise darauf, dass der Täter einen Facebook-Account gehackt habe, heißt es von der Staatsanwaltschaft München. Er könnte den Account von Selina Akim aber auch selbst eröffnet haben. Mittlerweile ist die Seite gelöscht - unklar ist, von wem.
Auf Twitter hat sich ein Mädchen aus Frankfurt names Selina gemeldet: Sie behauptet, die Bilder von Selina Akim seien ihre. Ob dem so ist, lässt sich nur schwer überprüfen: Auf dem Twitter-Profilbild der Frankfurter Selina sind fünf Mädchen zu sehen, von denen eine Selina Akim zumindest ähnlich sieht. Die Bilder-Rückwärtssuche des Profilbilds von Selina Akim ergibt keine Treffer.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière bestätigte, dass wegen des Facebook-Profils ermittelt werde. Von Facebook selbst heißt es: "Wir arbeiten eng mit den deutschen Strafverfolgungsbehörden zusammen, um sie in ihren Ermittlungen zu unterstützen."
Heißt der Täter jetzt David oder Ali?
Mancherorts wurde der 18-jährige Täter David genannt, anderswo Ali. Die Behörden führen den jungen Mann als David, deswegen nennt ihn SPIEGEL ONLINE auch so. Auf Facebook soll er sich Ali genannt haben; allerdings ist die Seite nicht verifiziert.
Warum war zunächst von drei Tätern die Rede?
Um 20.44 Uhr am Freitagabend meldete die Polizei, es seien drei Täter mit "Langwaffen" auf der Flucht. Diese Meldung basierte auf Anrufen von vermeintlichen Augenzeugen, die "drei verschiedene Personen mit Schusswaffen" gesehen haben wollten - wahrscheinlich handelte es sich dabei um Polizisten. Immer wieder liegen Augenzeugen von Verbrechen auch daneben. Warum es Stunden dauerte, dieses Missverständnis aufzuklären, wird die Polizei noch erklären müssen. Fest steht: Sie wurde die ganze Nacht über von Fehlalarmen in Atem gehalten.
Wo hatte der Täter die Pistole her?
David S. benutzte laut bayerischem Landeskriminalamt eine 9-mm-Glock. Das Magazin war noch nicht leer, in seinem Rucksack hatte S. 300 weitere Schuss Munition. Aus dem Schussbild wird abgeleitet, dass David S. kein geübter Schütze war, aber ziemlich viele Schüsse abgegeben hat.
Offen ist, woher der 18-Jährige die Pistole hatte. Den Behörden zufolge war die Nummer ausgefeilt - die Waffe war also offenbar illegal. Das ist auch plausibel, weil S. keine waffenrechtliche Erlaubnis für den Besitz einer Waffe hatte.
Die Pistole stellt die Sicherheitsbehörden vor Rätsel. Sie gehen davon aus, dass eine solche Waffe auf dem Schwarzmarkt mehrere Tausend Euro kostet. Verbindungen des Täters zur Waffenhändler- oder Schützenszene sind derzeit nicht ersichtlich.
Zur Herkunft der Pistole kursieren verschiedene Theorien. Eine besagt, dass er sie sich via Internet beschaffte und es sich um eine delaborierte Dekowaffe handelt, die wieder scharf gemacht wurde. Auch laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière könnte es sich um eine umgebaute Deko-Waffe handeln.
Dass bei Straftaten illegale Waffen benutzt werden, ist keine Ausnahme. 2014 zählte das Bundeskriminalamt (BKA) 443 Waffen, die an Tatorten im Zusammenhang mit Straftaten sichergestellt wurden, für 108 brauchte man einen Waffenschein. Gerade einmal fünf Prozent dieser Waffen befanden sich in legalem Besitz - damit wurden rund 95 Prozent der 2014 konfiszierten Tatwaffen nicht legal erworben oder gehalten. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland rund 5,6 Millionen legal gehaltene Waffen und drei- bis viermal so viele illegale.
Laut BKA lassen sich Deko- oder Salutwaffen, die in Ländern mit geringen Standards delaboriert wurden, "mit vergleichsweise geringem Aufwand schussfähig gemacht werden". Derartige illegale Waffen seien im Ausland nachweislich bei schwersten Straftaten und terroristischen Anschlägen verwendet worden, etwa beim Attentat auf die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo".
War der Täter krank?
Der Täter hatte nach ersten Erkenntnissen von Ermittlern möglicherweise eine Erkrankung "aus dem depressiven Formenkreis". Es gebe Hinweise, dass David S. deshalb in Behandlung gewesen sein soll. "Wir haben einige Hinweise dafür, dass eine nicht unerhebliche psychische Störung bei dem Täter vorliegen könnte", sagt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Depressionen und Schulprobleme sollen ihn zu einem "klassischen Amoktäter" gemacht haben.
Aus Ermittlerkreisen heißt es, David S. sei ein klassischer Außenseiter gewesen, ein Sonderling und Verlierertyp. Zwei Mal hatte er mit der Polizei zu tun, 2010 und 2012. In beiden Fällen war er Opfer, es ging um Diebstahl und Körperverletzung.
Der 18-Jährige lebte zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder in einer Wohnung in einem Mietshaus im Münchner Stadtteil Maxvorstadt. Nachbarn beschreiben ihn als freundlich und hilfsbereit: "Der Junge war sehr nett. Ich kann nichts Schlimmes sagen", heißt es von einer Frau. Er habe die Zeitungen im Haus verteilt.
Quelle: spiegel.de
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