Polizistin beklagt Einflussnahme

  25 Juli 2016    Gelesen: 672
Polizistin beklagt Einflussnahme
Eine Polizistin aus Nizza erhebt schwere Vorwürfe gegen das französische Innenministerium: Dieses soll sie unter Druck gesetzt haben, einen Bericht über die Terror-Nacht zu ändern und Aufnahmen aus Videokameras zu löschen.
In der Debatte um mögliche Sicherheitslücken vor dem Anschlag von Nizza hat eine Polizeibeamtin dem Innenministerium in Paris vorgeworfen, sie unter Druck gesetzt zu haben. Die Leiterin der Videoüberwachung bei der städtischen Polizei in Nizza, Sandra Bertin, sagte der Zeitung "Journal du dimanche", sie sei dazu gedrängt worden, ihren Bericht über das Polizeiaufgebot am Anschlagsabend abzuändern und Überwachungsvideos zu löschen. Das Innenministerium in Paris erklärte, es handele sich um "schwere Anschuldigungen". Innenminister Cazeneuve werde noch am Sonntag Verleumdungsklage gegen Bertin einreichen.

Einen Tag nach dem Anschlag vom 14. Juli habe das Büro von Innenminister Bernard Cazeneuve einen Vertreter zu ihr geschickt, der sie telefonisch mit dem Innenministerium in Verbindung gesetzt habe, schilderte Bertin. Ein Beamter des Innenministeriums habe sie in dem Telefongespräch aufgefordert, einen Bericht über die Polizeiposten und Absperrungen am Abend des Anschlags zu verfassen "und darin zu betonen, dass an zwei Stellen auch die nationale Polizei zu sehen gewesen sei".

"Schwere Anschuldigungen"

Sie habe geantwortet, dass sie nur schreibe, was sie gesehen habe, sagte die Polizeibeamtin. "Und vielleicht war die nationale Polizei ja dort, aber sie tauchte nicht in den Videos auf." Daraufhin sei sie aufgefordert worden, ihren Bericht in nicht schreibgeschützter Fassung zu schicken, "damit ich später nicht alles neu tippen muss". Während einer ganzen Stunde sei sie bedrängt worden, sagte Bertin. Schließlich habe sie den Vertreter des Innenministeriums aus dem Büro drängen müssen.

Wenige Tage, nachdem sie ihren Bericht über die Auswertung der Videoüberwachung geliefert hatte, habe die Antiterror-Abteilung des Innenministeriums sie aufgefordert, die Aufnahmen aus sechs Kameras zu löschen, die sie in dem Bericht genannt hatte - "diejenigen, die den Anschlag gefilmt haben". Zur Begründung habe es geheißen, damit solle verhindert werden, dass die Bilder an die Öffentlichkeit gelangen.

Der für Terrorermittlungen zuständige Pariser Staatsanwalt François Molins erklärte, "im alleinigen Auftrag der Staatsanwaltschaft" hätten Ermittler die Abteilung für Videoüberwachung aufgesucht. Ziel sei es gewesen, den Weg des Attentäters zu verfolgen. "Dies hat keinen anderen Zweck als den, im Rahmen einer juristischen Untersuchung die Wahrheit herauszufinden", betonte Molins.

Streit über Sicherheitsvorkehrungen

In Frankreich läuft schon seit Tagen eine Debatte darüber, ob die Sicherheitsvorkehrungen für die Feiern zum Nationalfeiertag in Nizza ausreichend waren. Die Stadtverwaltung wirft der Regierung in Paris vor, nicht ausreichend Landespolizei zur Verfügung gestellt zu haben.

Laut einem Zeitungsbericht soll die für den Fahrzeugverkehr gesperrte Strandpromenade am Anschlagsabend von einem einzigen Auto der städtischen Polizei abgesichert worden sein. Die nationale Polizei sei dort anders als vom Innenminister angegeben nicht im Einsatz gewesen. Der Verkehr sei ansonsten nur durch einfache Metallbarrieren umgeleitet worden.

Ein 31-Jähriger war am französischen Nationalfeiertag mit einem Lastwagen auf der Strandpromenade in die feiernde Menge gefahren. 84 Menschen wurden getötet, bevor Polizisten den Angreifer erschossen. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) beanspruchte den Anschlag für sich.

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