Bundespräsident Joachim Gauck sagte im Landtag: "Neun unschuldige Menschen sind tot, weil ein Zehnter entschied, ja, sich anmaßte, ihnen das Leben zu nehmen." Gauck forderte zum Nachdenken über die Ursachen auf, die Menschen zu solch mörderischen Taten treibe: "Da stoßen wir auf junge Männer mit labilen Charakteren, die sich von ihrem Umfeld gedemütigt, ausgegrenzt, nicht angenommen sehen. Oft sitzen sie vor dem Computer auf der Suche nach Vorbildern, die sich an diesem Umfeld mitleidlos rächen und in der medialen Berichterstattung zu trauriger Berühmtheit gelangen."
Bei der Frage nach der Verantwortung für die ganze Gesellschaft verböten sich schnelle Schlüsse, sagte Gauck: "Diese Menschen planen ihre Tat meist präzise und lange voraus. Es gibt oft Anzeichen für die Entwicklung – wenn man sie denn wahrnehmen will und kann. Die Gesellschaft darf diese Menschen, gerade junge Menschen, nicht allein lassen und dulden, dass sie auf gefährliche Weise zu Randständigen werden."
Angesichts der schnellen Abfolge von Gewalttaten verlangte der Bundespräsident Differenzierung, aber auch das Bekenntnis zur eigenen Ratlosigkeit: "Wir stoßen auf Abgründe von Sinnlosigkeit und Destruktivität." Absoluten Schutz könne es nicht geben. Deutschland bleibe eine mitmenschliche, solidarische Gesellschaft: "Den Attentätern und Amokläufern wie den Terroristen werden wir eines nicht geben: unsere Unterwerfung. Sie werden uns nicht zwingen zu hassen, wie sie hassen", sagte Gauck.
Den ökumenischen Gottesdienst in der Frauenkirche leiteten der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx sowie Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Da sieben der Getöteten Muslime waren, sprach auch ein Vertreter des islamischen Glaubens ein Gebet. Bundeskanzlerin Angela Merkel war sowohl in der Kirche als auch im Landtag anwesend.
In zwei bewegenden Zeremonien haben die Menschen in München der Opfer des Amoklaufs am 22. Juli gedacht. Reinhard Kardinal Marx hielt einen Gottesdienst in der Frauenkirche, im bayerischen Landtag sprach Bundespräsident Joachim Gauck zu ihren Ehren.
Morddrohungen gegen Eltern des Täters
Die Eltern des Münchner Amokläufers David S. bekommen Morddrohungen. Dessen Vater Masoud S. sagte Bild am Sonntag, ihm selbst gehe es schlecht und seine Frau weine seit einer Woche. "Unser Leben in München ist erledigt." Von den Plänen seines 18-jährigen Sohnes habe er nichts gewusst. Auch von einer Waffe habe er keine Kenntnis gehabt.
Von dem Mobbing in der Schule – dem möglichen Motiv für den Amoklauf – habe der Sohn nie etwas erzählt, das habe er vor vier Jahren über einen Mitschüler erfahren. Er habe ihn anschließend von der Schule genommen und mit der Lehrerin gesprochen, sagte Masoud S. Einige der Schüler habe er angezeigt, die Ermittlungen seien aber eingestellt worden.
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