Große Koalition streitet weiter über Transitzonen

  24 Oktober 2015    Gelesen: 707
Große Koalition streitet weiter über Transitzonen
Das neue Asylrecht ist ab heute in Kraft. Doch über die Transitzonen wird trotz angeblicher Grundsatzeinigung noch immer diskutiert. Die SPD lehnt "Massengefängnisse" ab.
Die Große Koalition hat sich grundsätzlich auf die Einrichtung von Transitzonen zur Registrierung von Flüchtlingen an den Grenzen geeinigt, wie diese jedoch aussehen sollen, darüber herrscht weiterhin Uneinigkeit. "Das läuft auf Massengefängnisse hinaus. Mit der SPD wird es das nicht geben", sagte SPD-Vize Ralf Stegner der Passauer Neuen Presse. Was die Union Transitzonen nenne, sei "eine Übertragung des Flughafenverfahrens an die Landesgrenzen." Stattdessen sollten Union und SPD darüber beraten, wie die Asylverfahren weiter beschleunigt werden könnten.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD), hatten am Freitag eine Grundsatzeinigung zu den Transitzonen bekannt gegeben. Darauf hätten sich Union und SPD verständigt. Es gebe jedoch noch keine endgültige Vereinbarung. Einverständnis besteht darin, Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive möglichst frühzeitig wieder in ihre Heimat zurückzubringen. In Einrichtungen an den Landesgrenzen sollen die Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern untergebracht werden, die kaum Aussicht auf eine Anerkennung als Asylberechtigte haben. Maas sagte, es müssten nicht zwangsläufig neuen Einrichtungen geschaffen werden, dies könne auch in bereits bestehenden Einrichtungen geschehen.

Verschiedene SPD-Politiker wie Maas und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatten die Einigungserklärung von de Maizière danach dementiert. "Wir haben uns darauf verständigt, dass es keine Haftzonen an deutschen Grenzen geben wird", teilte Maas mit. Es sei ein fatales Signal, wenn Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen seien, "als erstes in Massengefängnisse im Niemandsland" gesperrt werden würden. Auch Gabriel sagte, es werde keine Transitzonen geben.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) appellierte an die SPD, ihren Widerstand gegen Transitzonen an der Grenze aufzugeben. "Transitzonen sind keine Haftanstalten", sagte Seehofer dem Spiegel. "Schließlich dürfen Flüchtlinge dort nur kurze Zeit festgehalten werden, um zu überprüfen, ob ihr Antrag berechtigt ist."

Der CSU-Chef signalisierte, im Fall einer Einrichtung von Transitzonen werde Bayern auf die angekündigte Verfassungsklage gegen den Bund verzichten: "Wenn sich die Maßnahmen zur Begrenzung der Zuwanderung als wirksam erweisen, werden wir prüfen, ob dieser Schritt wirklich erforderlich ist."

Söder: Flüchtlingskrise ist "Existenzfrage für die Union"

Auch in der Union herrscht in der Flüchtlingspolitik Uneinigkeit. Der Umgang mit der Krise ist nach Einschätzung des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) von "fundamentaler Bedeutung für die Zukunft und den Bestand der Union". Im Gespräch mit der Bild-Zeitung sagte Söder: "Die innere Sicherheit ist ein Kern- und Herzthema der Union. Wir wollen keine Variante der Grünen werden, sondern klare bürgerliche Alternative bleiben. Wenn wir an der Stelle versagen, werden sich AfD und andere auf Dauer etablieren. Das kann keiner wollen. Deshalb müssen CDU und CSU wieder zusammenkommen."

Grenzschutz ohne Bundeswehr

Die Bundeswehr wehrt sich derweil gegen einen Einsatz zum Grenzschutz und zur Abschiebung von Flüchtlingen. Der Chef des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Hans-Werner Fritz, sagte der Bild-Zeitung: "In der Vergangenheit haben wir die Aufgaben von Polizei und Bundeswehr immer strikt getrennt. Und ich bin sehr dafür, dass das auch in Zukunft so bleibt." Fritz schloss angesichts der Flüchtlingskrise einen verstärkten Einsatz der Bundeswehr im Inland aus. "Unser Auftrag ist klar definiert und durch das Grundgesetz begrenzt."

Anfang Oktober hatte de Maizière einen ersten Entwurf für Transitzonen vorgelegt. Vorgesehen war darin, Flüchtlinge vor der Entscheidung über ihre Einreise nach Deutschland in Transitzonen an der Landgrenze bis zu eine Woche festzuhalten, ihr Asylgesuch im Schnellverfahren zu prüfen und sie bei Ablehnung direkt von der Grenze aus wieder in ihr Herkunftsland zurückzuschicken. Vorbild ist das Flughafenverfahren für Flüchtlinge, das es derzeit an fünf deutschen Flughäfen gibt. "Man kann schon jetzt jemand am Flughafen festhalten, prüfen, ob sein Asylantrag offensichtlich unbegründet ist, und ihn zurückschicken", hatte de Maizière zur Verteidigung seines Transitzonen-Entwurfs gesagt.

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