Zerbricht die Deutsche Bank an US-Strafe?

  17 September 2016    Gelesen: 1323
Zerbricht die Deutsche Bank an US-Strafe?
Wegen krummer Deals vor der Finanzkrise fordern die US-Behörden eine Milliardenbuße von der Deutschen Bank. Die spielt die Angelegenheit herunter. Doch die Strafe könnte dem größten deutschen Geldhaus das Genick brechen.
Bilanztricks, Manipulationen von Zinsen, Devisenkursen und Goldpreis, Verstöße gegen US-Sanktionen, Geldwäsche in Russland, Behinderung der Justiz, Betrug mit Hypothekenpapieren: Die Liste der Skandale bei der Deutschen Bank ist endlos. Bislang schmälerten die vielen Strafen für die krummen Geschäfte nur den Gewinn. Im vergangenen Jahr fuhr die Deutsche Bank mit rund sieben Milliarden Euro den größten Verlust ihrer Geschichte ein. Doch nun bedroht die dunkle Vergangenheit erstmals die Existenz der Deutschen Bank.

Die US-Justiz fordert 14 Milliarden Dollar, um den Streit um faule Hauskredite beizulegen, die die Deutsche Bank wie viele andere Investmentbanken vor der Finanzkrise gebündelt und weiterverkauft hatte. Der Aktienkurs der Bank ist nach der Hiobsbotschaft bis zu acht Prozent abgestürzt. Denn die Rechnung ist einfach: Die Deutsche Bank hat für drohende Strafen und Prozesse nur 5,5 Milliarden Euro zurückgestellt. Fällt die Buße höher aus, muss sie Geld auftreiben - sonst droht die Pleite. "Alles über sieben Milliarden Dollar wäre für die Deutsche Bank sehr gefährdend", warnt einer der zehn größten Aktionäre.

Zweckoptimismus soll die Bank retten

Die Bank versucht die Gefahr zu verharmlosen. Bis Ende des Jahres will sie weiteres Geld zurückstellen. Zudem beabsichtige man "auf keinen Fall", sich "in einer Höhe zu vergleichen, die auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht". Die Verhandlungen stünden erst am Anfang. Man erwarte ein Verhandlungsergebnis vergleichbar mit den Strafen anderer Banken, "die sich mit dem US-Justizministerium bereits auf deutlich niedrigere Beträge geeinigt haben".

Laut "Wall Street Journal" rechnen die Anwälte der Deutschen Bank mit einer Strafe zwischen zwei und drei Milliarden Dollar. Für eine deutlich niedrigere Buße als von der US-Justiz verlangt spräche aus Sicht der Juristen, dass die Deutsche Bank 2013 bereits 1,9 Milliarden Dollar für Hypothekenbetrug gezahlt hat, schreibt das Blatt. Damals ging es um Papiere, die die Bank an die staatlichen US-Baufinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac verkauft hatte.

Doch das ist reiner Zweckoptimismus. Die Strafen für andere Banken waren drakonisch. Bank of America musste fast 17 Milliarden Dollar für seine Hypothekengeschäfte zahlen, JP Morgan rund 13 Milliarden Dollar. Goldman Sachs kostete der Betrug mit Hauskrediten fünf Milliarden Dollar, Citigroup sieben Milliarden Dollar. Von einer Diskriminierung der Deutschen Bank durch die US-Justiz kann also keine Rede sein. Die Deutsche Bank war einer der größten Player im Geschäft mit faulen Hauskrediten, die die Welt in die Finanzkrise stürzten. Nun bekommt sie etwas später als die US-Investmentbanken die Quittung dafür.

Der Unterschied ist nur, dass die US-Konkurrenten die Rekordstrafen viel leichter wegstecken können, weil bei ihnen das Geschäft wieder läuft. Die Deutsche Bank aber wird Schwierigkeiten haben eine Strafe, die ihre Rückstellungen übersteigt, aus eigener Kraft zu bewältigen. Beim Stresstest im Juli gehörte sie zu den zehn schwächsten Banken Europas. Wegen der Niedrigzinsen macht sie kaum noch Gewinn. Sie müsste sich frisches Geld besorgen, über neue Anleihen oder eine Kapitalerhöhung.

Womöglich muss der Staat einspringen

Nach 2013 und 2014 wäre es aber bereits das dritte Mal, dass die Bank ihre Aktionäre anzapft. Ihr Aktienkurs dümpelt schon jetzt nahe dem niedrigsten Niveau aller Zeiten herum. Die Anleger dürften wenig Lust haben, sich erneut schröpfen zu lassen. Besonders weil ihr Geld nicht produktiv investiert, sondern nur dazu dienen würde, eine Megastrafe zu begleichen. Und selbst wenn die Investoren mitziehen ist fraglich, ob genug Geld zusammenkommt. 2014 spülte die Aktion 8,5 Milliarden Euro in die Kassen - weniger, als die US-Behörden bislang fordern.

Ohne Kapitalerhöhung bliebe noch die Möglichkeit, Kosten zu senken oder einen Teil der Bank zu verkaufen. Den Wegfall von 3000 Jobs und fast 200 Filialen hat sie aber schon beschlossen, um sich gesundzuschrumpfen. Auch die Postbank will sie schon seit langem verkaufen, findet aber keinen Abnehmer.

Schlimmstenfalls müsste sich die Deutsche Bank in die Arme eines Konkurrenten retten. Über eine Fusion mit der Commerzbank wurde kürzlich schon spekuliert, bevor die US-Justiz ihre Forderung gestellt hatte. Oder die Deutsche Bank, die sich bis heute rühmt, die Finanzkrise ohne Staatshilfe gemeistert zu haben, lässt sich vom Staat retten. Es wäre eine beispiellose Ironie der Geschichte.

Eine Rettungsaktion für Deutschlands größte Bank wäre aber eine politische Katastrophe für Angela Merkel. Ein Jahr vor der Bundestagswahl dürfte die Kanzlerin kaum geneigt sein, dem Wähler eine neue Bankenrettung mit Steuerzahlergeld zu verkaufen. Zumal diese noch schwerer zu vermitteln wäre als die Rettungspakete der Finanzkrise oder die Griechen-Hilfen: Warum soll der Staat die Zeche für Banker bezahlen, die für ihre krummen Zocker-Deals erst Millionen-Boni kassiert und dann mit goldenem Handschlag in den Ruhestand verabschiedet wurden, wie Deutsche-Bank-Boss Josef Ackermann oder der geschasste Investmentbanker Anshu Jain?

Das Verfahren der US-Justiz gegen die Deutsche Bank wird daher spätestens jetzt zum Politikum werden. Die Forderung der US-Ermittler schwebt wie ein Damoklesschwert über der Bank. Alles hängt für Deutschlands größtes Geldhaus davon ab, auf welchen Preis sie sich mit ihnen einigt. Die Drähte zwischen Berlin und Washington dürften in den nächsten Wochen heißlaufen.

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