Risiken für Daimler, BMW und VW

  17 September 2016    Gelesen: 732
Risiken für Daimler, BMW und VW
Nach der kräftigen Kurserholung der vergangenen Monate geben die Aktien deutscher Autobauer wieder nach. Investoren treiben mehrere Sorgen um, langfristig eröffnen sich aber neue Geschäftsfelder.
Die Korrektur der Aktien von Daimler, BMW und VW verunsichert viele Anleger: Die Konzerne und die Branche liefern weiterhin erfreuliche Nachrichten, trotzdem sind die Kurse im Rückwärtsgang. Grund zur Freude kam zuletzt aus China. Dort hat sich das Wachstumstempo des Automarkts weiter beschleunigt. Im August schoss die Zahl der verkauften Fahrzeuge um 24,5 Prozent auf 1,8 Millionen nach oben. Damit erhöhte sich das Plus für die ersten acht Monate auf 12,7 Prozent. Positives ist auch aus Europa zu hören: Der Absatz in der Europäischen Union kletterte im August um zehn Prozent auf rund 820.000 Autos.

Anders sieht es in den USA aus. Ford, der nach General Motors zweitgrößte US-Autobauer warnt: "Mit Blick auf 2017 erwarten wir, dass die (branchenweiten) Verkäufe (in den USA) stark sein werden, aber auf einem niedrigeren Niveau als in diesem Jahr liegen werden. Die Verkäufe haben ein Plateau erreicht." Zuletzt spielte Ford in einer Präsentation Szenarien durch, wonach der US-Autoabsatz im Falle einer Weltwirtschaftskrise im Jahr 2017 auf 11,4 Millionen Fahrzeuge von 17,5 Millionen im Jahr 2015 einbrechen könnte.

US-Markt schwächelt

Einen Hinweis auf die anstehende Schwäche des US-Automarktes lieferten die jüngsten Absatzzahlen. Wegen der schwachen Konjunktur lagen die Verkäufe im August mit einer Jahresrate von 16,98 Millionen nicht nur deutlich unter den Erwartungen von 17,25 Millionen, sondern auch 3,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Insgesamt lag der Absatz damit in vier von sechs Monaten niedriger als im Jahr zuvor.

Ob es tatsächlich zu einer schwachen Entwicklung kommt, bleibt abzuwarten. Aber die aktuelle Abkühlung des US-Marktes belastet gerade die Premiumhersteller Daimler und BMW schon heute deutlich. Für Daimler ist der US-Markt der zweitwichtigste Markt, im August reisten 28.404 Pkw mit dem Mercedes-Stern in die USA. Nach China wurden im selben Zeitraum 41.072 exportiert.

Inklusive des Geschäfts mit Lkw und Vans sind die USA allerdings ein bedeutenderer Markt als China. Das US-Geschäft machte im zweiten Quartal 25,9 Prozent des Umsatzes des Konzerns aus, wohingegen "nur" 10,1 Prozent auf China entfielen. Der wichtigste Markt aber ist weiterhin Westeuropa, mit 36,3 Prozent der Konzernerlöse.

Konkurrent BMW meldet schon länger deutliche Absatzrückgänge für die USA. Dennoch machen die dortigen Verkäufe immer noch 20 Prozent des Konzernabsatzes aus, in China werden mit 22 Prozent unwesentlich mehr abgesetzt. Nur für Volkswagen ist China der wichtigste Auslandsmarkt, hier werden rund 30 Prozent der Umsätze erzielt.

In Amerika hatte VW schon immer eine schwache Position - auch vor dem Abgasskandal. Danach rutschte VW nur noch weiter in die Bedeutungslosigkeit. Neben den Rückstellungen aufgrund der Abgasaffäre ist die niedrige Profitabilität ein großes Problem bei VW. Die Wolfsburger wollen mit einem Sparprogramm und einer Offensive bei den Elektrofahrzeugen gegensteuern.

US-Konkurrent Ford kündigte derweil an, in Dienstleistungen rund um autonomes Fahren zu investieren, und eine selbstfahrende Taxi-Flotte aufzubauen. Diese Aktivitäten sollen Gewinnmargen von rund 20 Prozent liefern, deutlich mehr als die typischen Gewinnmargen von Automobilherstellern, die im unteren bis mittleren einstelligen Bereich liegen. Möglicherweise sind solche Entwicklungen eine Blaupause auch für deutsche Automobilhersteller.

Wie stark ist China noch?

Von großer Bedeutung für die deutschen Autobauer insgesamt bleibt der chinesische Markt. Wenngleich es auch große Unsicherheiten am Markt gibt. "In China prägen öffentliche Entscheidungen und Anreize den Automobilmarkt," schrieb der Kreditversicherer Euler Hermes zuletzt. So halbierte die chinesische Regierung 2015 die Steuer auf Abgasemissionen für Einstiegs- und Mittelklassewagen von zehn Prozent auf fünf Prozent. Die Folge dürfte ein Wachstum bei den Absatzzahlen in China "von voraussichtlich acht Prozent auf 23 Millionen verkauften Fahrzeuge in 2016" sein, schätzt Hermes.

Umgekehrt, sollten diese Subventionen nicht verlängert werden, könnte der Absatz 2017 um fünf bis zehn Prozent sinken. Die Branche rechnet jedoch mit einer Verlängerung. "Die Automobilbranche ist für die chinesische Regierung ein strategischer Sektor", sagt Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. "Insofern gilt es als sicher, dass die Förderprogramme weiterlaufen werden." Für 2017 wird ein Zuwachs bei den verkauften Fahrzeugen um rund fünf Prozent auf dann 24 Millionen Fahrzeuge erwartet. Das wäre allerdings dann weniger als für 2016 prognostiziert wird.

Auch in Europa sieht es mit einigen Einschränkungen weiterhin gut aus. Laut Euler Hermes wird der spanische Markt nach dem Ende der dortigen Abwrackprämie im Jahr 2017 um zehn Prozent schrumpfen. Zudem erwarten die Experten für Großbritannien angesichts des Brexit-Votums ein Rückgang um rund neun Prozent.

Während die langfristigen Aussichten für Automobilbauer aufgrund von Zukunftsentwicklungen wie etwa automatisiertes Fahren gut sein dürften, nehmen kurzfristig die Belastungsfaktoren zu. Die Hoffnungen ruhen auf China, dessen Automarkt allerdings auch ein Wackelkandidat ist.

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