Gabriel spricht mit Putin über Syrien

  22 September 2016    Gelesen: 489
Gabriel spricht mit Putin über Syrien
Wirtschaftsminister Gabriel ist zu Gesprächen in Moskau. Dabei geht es um Syrien und die deutsch-russischen Beziehungen. Putin betont: "Wir haben in Deutschland viele Freunde." CDU-Außenpolitiker Wellmann kritisiert die Reise als "völlig falsches Signal".
Der russische Präsident Wladimir Putin dringt nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf US-Schutz für Hilfskonvois in Syrien. Putin wolle, dass "nicht nur Russland bereit ist, solche Konvois mit eigenen Kräften zu kontrollieren", sagte Gabriel nach einem Treffen mit Putin in dessen Residenz.

Im Hinblick auf den Schutz und die Kontrolle der Hilfskonvois durch Russland sei der Kreml-Chef dafür, "dass das die Vereinigten Staaten auch tun". "Das ist ja einer der großen Konfliktfälle, dass die Amerikaner jedenfalls bislang nicht bereit sind, dafür entsprechend einzutreten", sagte Gabriel, der etwa eine Stunde unter vier Augen mit Putin sprach. Er forderte den russischen Präsidenten auf, seinen Einfluss bei dem syrischen Präsidenten Baschar al Assad für eine Deeskalation zu nutzen.

Die USA machen russische Kampfflugzeuge für den Angriff auf einen Hilfskonvoi verantwortlich, bei dem am Montag nach Angaben des Roten Halbmonds etwa 20 Menschen getötet und 18 von 31 Lastwagen zerstört wurden. Putin habe die Verantwortung dafür zurückgewiesen, sagte Gabriel. Putin habe großes Interesse signalisiert, die Waffenruhe wiederherzustellen und keinerlei Interesse, "die Lage wieder zu verschärfen". Gabriel wies Putin nach eigenen Worten darauf hin, dass die deutsche Seite der Überzeugung sei, dass die syrische Armee an dem Angriff beteiligt gewesen sei. "Da sind wir natürlich nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen", sagte der SPD-Chef. "Das belastet alle Beziehungen ungeheuer." Es sei unfassbar, dass trotz der vereinbarten Waffenruhe keine einzige Hilfslieferung im umkämpften Aleppo angekommen sei.

"Ich habe in aller Offenheit gesagt, dass das, was in Syrien passiert ist, nicht nur schrecklich ist, sondern absolut unannehmbar", sagte Gabriel. Am Samstag hatten Kampfflugzeuge aus den USA und ihrer Verbündeten trotz der Waffenruhe bei einem Angriff Dutzende syrische Soldaten getötet. Die USA bezeichneten den Angriff als ein Versehen.

Putin betont Freundschaft

Zu Beginn des Gesprächs betonte Putin außerdem, dass Deutschland ein wichtiger Handelspartner Russlands bleibe. "Wir haben in Deutschland viele Freunde. Und allen Schwierigkeiten zum Trotz, die auch auf politischer Ebene auftreten, ist es so, dass unsere Freunde unsere Freunde bleiben." Daher müsse man Lösungen für alle schwierigen Fragen finden. "Je schneller das passiert, desto besser."

Auch Gabriel setzt auf Annäherung, wie er vor seinem Abflug nach Russland sagte. "Isolation und Konfrontation bieten keine Perspektiven und sind keine sinnvolle Politik", sagte er. "Wir haben ein dringendes Interesse an der politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung sowohl in Osteuropa als auch in Syrien und im Nahen Osten." Gemeinsam mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier setze er darauf, "dass die nach der Krim-Annexion verhängten Sanktionen auch schrittweise aufgehoben werden können, und zwar in genau dem Maße, in dem es belastbare Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Abkommens gibt". 2015 hatten sich die ukrainische Führung und prorussische Separatisten im weißrussischen Minsk auf einen Friedensplan für die Ostukraine geeinigt, der aber bislang kaum umgesetzt wurde.

Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann kritisierte indes Gabriels Moskau-Besuch. "Die Reise ist angesichts der europäischen Sanktionen das völlig falsche Signal", sagte der Bundestagsabgeordnete der "Bild"-Zeitung. Gabriel könne allerdings die Gelegenheit nutzen, um gegen das Einreiseverbot für Bundestagsabgeordnete zu protestieren. Nach kritischen Äußerungen darf Wellmann nicht nach Russland reisen. Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Gabriel in der "Bild" auf, bei den grundsätzlich notwendigen Gesprächen in Moskau keinen "Kuschelkurs" zu fahren.

Zweiter Besuch in einem Jahr

Gabriel ist für zwei Tage in Moskau. Es ist der zweite Besuch des Vizekanzlers in Moskau seit Oktober 2015. Damals hatte seine Kritik an den Sanktionen Aufsehen erregt. Der Handel zwischen Russland und Deutschland lahmt seit einiger Zeit. Russland steckt in einer Rezession, verschärft durch die westlichen Sanktionen.

Begleitet wird Gabriel von mehreren Vertretern deutscher Unternehmen. Für diesen Donnerstag sind unter anderem Gespräche mit dem russischen Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew sowie Industrieminister Denis Manturow geplant.

"Die deutsche Unternehmerschaft wünscht sich wieder mehr Rückenwind aus Berlin", sagte Matthias Schepp, Leiter der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK) in Moskau. Die Sanktionen seien auf lange Sicht kontraproduktiv. Nach einer AHK-Umfrage unter ihren 800 Mitgliedern fordern 60 Prozent der Unternehmen ein Ende der Sanktionen und 21 Prozent deren Lockerung.

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